Welcher Split ist der Beste?

 

Welcher Split ist der Beste? Über kaum ein Thema wird in der Fitnessszene so kontrovers, erbittert und teilweise dogmatisch gestritten wie über diese Frage. Das Ergebnis ist, dass insbesondere Anfänger und leicht Fortgeschrittene maximal verwirrt sind, welcher Split den nun der Richtige für sie ist. So erzählt Ihnen der 120 Kg-Ochse mit der Bauchtasche in ihrem Studio, dass nur hohe Splits (auch bekannt als Bro-Splits) was taugen und alles andere neumodischer Quatsch wäre. Auf der anderen Seite trichtern Ihnen die ganzen Science Based-Fitnessinfluencer seit Jahren ein, dass niedrigere Splits klar überlegen wären und die Oldschooler nur deshalb hohe Splits fahren würden, weil sie es eben schon immer so gemacht haben. Kein Wunder, dass viele irgendwann nicht mehr wissen was sie glauben sollen.

 

Um hier ein wenig Hilfestellung zu geben, habe ich dieses Thema auch im Rahmen meines Einsteigerguides kurz angeschnitten und dabei die Aussage getätigt, dass die Wahl des Splits letztendlich nicht wirklich entscheidend wäre. Und prompt wurde mir das im  Diskussionsthread zu diesem Artikel vorgehalten.

Auch mich hat diese Frage lange beschäftigt und wann immer ich das Gefühl hatte, endlich den richtigen Split für mich gefunden zu haben, habe ich ein neues Argument für oder gegen einen bestimmten Split gelesen und die Unsicherheit war wieder da. Und da es offenbar vielen so geht, und mein Einsteiger-Artikel dieses Thema nicht eingehender beleuchten konnte, ohne komplett den Rahmen zu sprengen, dachte ich mir, dass das doch ein gutes Thema für einen eigenen Artikel hergeben würde.

 

Vorbemerkung:

 

Eins vorweg, bei diesem Artikel geht es erstmal rein um Hypertrophie, also den Aufbau von Muskelmasse. Es geht explizit nicht um den Aufbau von Kraft, und ganz besonders nicht um den von spezifischer Kraft also bei speziellen Übungen. Wenn es darum geht, z.B. beim Bankdrücken besser zu werden, so ist es recht eindeutig, dass höhere Frequenzen überlegen sind, weshalb die meisten kraftorientierten Pläne und Programme mit höheren Frequenzen arbeiten. Auch hier gibt es Ausnahmen, wie z.B. 531 von Wendler, aber dieser Plan ist auch eher für eine langfristige, kontinuierliche Entwicklung und nicht auf schnelle Ergebnisse ausgerichtet. Wenn es darum geht, in möglichst kurzer Zeit, möglichst große Fortschritte zu erzielen, wird eigentlich immer mit einer hohen Frequenz gearbeitete (z.B. bei Smolov Jr).

 

Ebenfalls ist anzumerken, dass alle folgenden Vergleiche auf der Prämisse beruhen, dass Übungsauswahl, Wiederholungs- und Satzzahlen identisch sind. Es geht hier ja letztendlich um die Frage, ob eine höhere oder niedrigere Frequenz bessere Ergebnisse erzielt. Wenn nun aber einer der verglichenen Splits zu einem höheren Volumen führt, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass es diese Stellschraube ist, die die Resultate beeinflusst und nicht die Frequenz an sich. Ich sehe da aber auch kein Problem, denn wieviel Volumen in einem Split generiert wird, hängt in der Regel davon ab wieviel Zeit man zur Verfügung hat und wird nicht per se durch den Split bestimmt. Das Thema Volumen und Zeitaufwand werden wir später auch nochmal genauer betrachten.

 

 

Definition von Trainingssplits

 

Bevor wir uns auf die harten Fakten stürzen, sollten wir erstmal klären, was ein Split eigentlich ist und wie die chronologische Entwicklung bei diesen verlaufen ist.

 

Ein Split ist kein Plan! Ein Split besagt erstmal nur, in wie viele unterschiedliche Einheiten die Muskelgruppen (aber nicht zwingend jeder einzelne Muskel) des Körpers aufgeteilt werden bzw. wie viele Einheiten benötigt werden, damit der gesamte Körper einmal „durchtrainiert“ wird. Die kleinste Einheit bzw. der niedrigste Split ist hierbei der Ganzkörperplan (nicht Split, da hier nichts gesplittet wird). In diesem wird, wie der Name schon sagt, der gesamte Körper in einer einzigen Einheit trainiert. Damit das nicht zu stundenlangen Einheiten ausufert, wird hauptsächlich auf Verbundübungen gesetzt, bei denen verschiedene Muskeln zusammenarbeiten und somit gemeinsam belastet werden. Außerdem wird auch nicht jeder einzelne Muskel isoliert trainiert und oft fehlen in diesen z.B. (direkte) Übungen für kleinere Muskeln wie Arme und hintere sowie seitliche Schulter. Der nächste Schritt wäre dann der alternierende GK, bei dem dann immer noch der gesamte Körper trainiert wird, aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten (z.B. Einheit 1 mit Kniebeugen, Einheit 2 mit Kreuzheben).

 

Ab dann kommen dann die eigentlichen Splits beginnend mit dem 2er-Split, bei dem der Körper auf zwei Einheiten aufgeteilt wird (z.B. OK/UK, Push/Pull usw.), dann 3er, 4er Splits und so weiter, bei denen der Körper immer weiter aufgeteilt wird. Im Prinzip kann man unbegrenzt weiter splitten, allerdings wird es irgendwann auch absurd und die Frequenz fällt irgendwann einfach zu niedrig aus, weshalb in der Praxis meist nur bis zu einem 4er-Split, seltener 5er und in ganz seltenen Fällen sogar 6er-Splits verwendet werden.

 

Wichtig wäre noch anzumerken, dass der Split nicht bestimmt, wie viele Einheiten in einer Woche trainiert werden. Wenn du z.B. einen 3er-Split verwendest, heißt das nicht dass du auch 3 mal die Woche trainierst. In der Regel verhält es sich so, dass je niedriger ein Split ist, desto öfter wird er wöchentlich trainiert. Üblich wären z.B. dass ein GK, dreimal die Woche, ein 2er Split zweimal die Woche (also mit 4 Einheiten) und ein 4er-Split einmal die Woche trainiert wird, wobei auch diese Zahlen nicht in Stein gemeißelt sind. Deshalb ist die Frage nach der Effektivität eines Splits auch immer eine Frage der Frequenz, also wie oft ein Muskel in einem bestimmten Zeitraum belastet wird. Und das wiederum ergibt sich aus den absolvierten Zyklen wie oben dargestellt (also GK dreimal, 2er zweimal usw).

 

Historie

 

Im Kraftsport und speziell im Bodybuilding waren bis in die 1950 eigentlich nur Ganzkörperpläne gebräuchlich. Legenden wie Reg Park und Steve Reeves haben z.B. mit solchen Einheiten trainiert. Erst ab den 50er-Jahren kamen die ersten Split-Pläne auf, hauptsächlich propagiert durch Publikationen von Joe und Ben Weider, den Gründern der IFBB und des Mr Olympia-Contests. So richtig populär wurden die Split-Pläne, meist in Form klassischer Bro-Splits aber durch den Aufstieg der Weider-Schützlinge um Arnold Schwarzenegger und Frank Zane. Seitdem gab es quasi kein Zurück mehr und die Split-Pläne, allen voran der 4er als klassischem Bro-Split, waren über Jahrzehnte hinweg der Standard im Bodybuilding und sind es bis heute. Laut einer Studie von 2013 (1) trainierten alle (!) der Wettkampfbodybuilder mit einem Split (3er und höher) und beinahe 70% sogar mit einem 5er-Split.

 

Ab den 2010 entstand dann plötzlich eine Art Gegenbewegung und niedrigere Splits, insbesondere 2er-Splits wurden populärer. Haupttreiber dieser Entwicklung waren die seit dieser Zeit an Bedeutung gewinnenden Fitnessinfluencer, insbesondere auf Youtube und später Instagram. Diese propagierten, entgegen der etablierten Meinung, dass es insbesondere (aber nicht nur) für natural trainierende effektiver wäre, einen Muskel mehr als einmal die Woche zu belasten und deshalb niedrigere Splits vorzuziehen wären. Abgesehen davon, dass es natürlich ein großer Vorteil war, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben und damit den Verkauf ihrer Pläne und Programme zu pushen, mussten diese sich doch bei dieser Aussage auf etwas Handfestes berufen, oder nicht? Damit kommen wir nun zum eigentlichen Kern dieses Artikels, die wissenschaftliche Analyse.

 

Was sagt die Wissenschaft?

 

Einer der der großen Aha-Momente, auf den sich die meisten der damaligen Science based Youtuber berufen haben werden, dürfte die 2016 von Brad Schoenfeld und Kollegen herausgegebene Meta-Studie (2) sein. Brad Schoenfeld gilt als einer der renommiertesten Forscher im Bereich der Trainingswissenschaften und Meta-Studien sind in Sachen Aussagekraft die validesten Arbeiten die es gibt, weil nicht nur die Ergebnisse einer einzelnen Studie ausgewertet werden, sondern die von mehreren, manchmal auch vielen Studien zum selben Thema. Somit werden Unschärfen und Schwächen im Design einzelner Studien ausgeglichen und spielen kaum noch eine Rolle. In dieser Metastudie kam Schoenfeld jedenfalls zu dem Schluss, dass eine Trainingsfrequenz von zweimal die Woche einer einmaligen klar überlegen wäre.

 

Diese Studie ist die Grundlage dafür, dass viele noch heute glauben, die Überlegenheit einer höheren Frequenz (und damit niedrigere Splittung) wäre ein unumstößlicher wissenschaftlicher Fakt.

 

Aber wie sich gezeigt hat, war die Aussagekraft der Studie letztlich dann doch nicht so allumfassend wie zunächst angenommen. So war das Studiendesign einiger der verwendeten Studien eher suboptimal und mit 7 ausgewerteten Studien insgesamt, gab es auch schlicht nicht genug Material um einen finalen Schluss daraus ziehen zu können.

 

Dessen war sich auch Schoenfeld bewusst und so hat er sich dem Thema erneut gewidmet und schließlich 2019 eine überarbeitete Meta-Studie (3) präsentiert, mit diesmal 13 ausgewerteten Studien und verbessertem Versuchsaufbau bei diesen. In dieser Studie kam er dann, entgegen seiner Aussage von 2916, zu dem Schluss:

 

 

 „there is strong evidence that resistance training frequency does not significantly or meaningfully impact muscle hypertrophy when volume is equated“.

 

 

Frei ins Deutsche übersetzt heißt das soviel wie: Es gibt eine starke Beweislage, nach der die Trainingsfrequenz keinen signifikanten Einfluss auf Hypertrophie hat, wenn das Volumen in den Vergleichen identisch ist.

 

Diese Metastudie ist Stand jetzt noch immer die valideste und umfangreichste Untersuchung zu dem Thema und lässt somit den Schluss zu, dass es aus wissenschaftlicher Sicht tatsächlich keinen großen Unterschied macht, mit welcher Frequenz trainiert wird.

 

Spätere Studien haben außerdem untersucht, ob sich die Ergebnisse ändern, wenn das gesamte Trainingsvolumen erhöht wird (bei den zuvor ausgewerteten Studien wurde jede Muskelgruppe im Schnitt mit 12 Sätzen die Woche trainiert).

 

Doch auch mit höherem Volumen kamen die Studien entweder zum gleichen Resultat oder aber die Ergebnisse waren widersprüchlich. So gab es bei diesen Studien durchaus auch welche, die höheren oder niedrigeren Frequenzen jeweils ein höheres Maß an Effektivität zusprachen, trotz ähnlichem Versuchsaufbau. Da diese Abweichungen jedoch nicht einheitlich eine Seite bevorzugen, sondern sich gegenseitig widersprechen, liefern sie keinen Anhaltspunkt um die Schlussfolgerung von Schoenfeld’s Metastudie in Frage zu stellen. Der Grund für diese Abweichungen könnte in den doch vorhandenen Unterschieden im Studiendesign liegen oder, und eine weitere Studie scheint diese Vermutung zu bestätigen, an individuellen Unterschieden in der Reaktion der Teilnehmer auf den Trainingsreiz. Mehr dazu weiter unten.

 

Ich möchte an dieser Stelle allerdings nicht verschweigen, dass es durchaus auch einen Punkt bei den genannten Studien gibt, der Anlass für Kritik bieten könnte. Und zwar wurde in nahezu allen diesen Studien mit relativ kurzen Pausenzeiten von einer bis eineinhalb Minuten gearbeitet. Bei längeren Pausenzeiten könnten die Ergebnisse also durchaus abweichen. Warum? Nun, zunächst einmal ist zu erwähnen, dass es wissenschaftlicher Konsens ist, dass es ein Limit für effektives Volumen je Einheit gibt. Ebenfalls Konsens besteht darüber, dass längere Pausenzeiten in Sachen Hypertrophie überlegen sind, da die einzelnen Sätze mit einem höheren Workload absolviert werden können und dadurch effektiver sind. Diesen Effekt kann auch jeder bei sich feststellen. Durch längere Pausenzeiten kann in aufeinanderfolgenden Sätzen mehr Gewicht bzw. mehr Wiederholungen bewältigt werden und der mechanische Reiz je Satz steigt. Daraus könnte man schlussfolgern, dass durch die kurzen Pausenzeiten das Limit an effektivem Volumen erst später erreicht wurde oder anders ausgedrückt: es konnten mehr Sätze absolviert werden bis dieses erreicht war. Daraus wiederum könnte man schließen, dass mit längeren Pausenzeiten die Probanden mit den Bro-Splits weniger Volumen “verwerten” könnten und ein Teil des absolvierten Volumens lediglich Junk-Volume wäre, was wiederum die Ergebnisse negativ beeinflussen könnte. In diesem Fall könnte es also sein, dass höhere Frequenzen mit einem niedrigeren Volumen je Einheit tatsächlich überlegen wären. Aber die Unterschiede wären vermutlich auch in diesem Fall nicht wirklich signifikant, würden nur bei Pausenzeiten von um die 3 Minuten überhaupt zum Tragen kommen und die ganze Überlegung ist Stand jetzt reine Spekulation und wurde noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Und deshalb reicht die Evidenz auch bei weitem nicht aus, um die Ergebnisse der Metastudie wirklich in Frage zu stellen.

 

 

Individuelle Faktoren

 

Somit ist der aktuelle Stand der Wissenschaft also, dass niedrigere Splits nicht per se überlegen sind im Vergleich zu Bro-Splits, sofern alle anderen Parameter wie Volumen identisch sind. Heißt das, das es nie einen Unterschied macht, welchen Split man denn nun wählt? Nein, das heißt es nicht. Denn es gibt immer auch individuelle Faktoren, die beeinflussen, welcher Split sich für wen am besten eignet.

 

So wird durch diese Studien lediglich geklärt, dass Frequenz an sich erstmal keinen Faktor in Hinsicht auf Hypertrophie darstellt. Allerdings stellt die Frequenz ein hervorragendes Tool dar, um zusätzliches Volumen zu generieren und dieses hat wiederum sehr wohl Einfluss auf die Effektivität in Sachen Muskelaufbau. Wenn man nun zum Beispiel einer Muskelgruppe besondere Aufmerksamkeit widmen möchte, weil diese eine Schwäche darstellt, so macht es Sinn dieser mittels einer höheren Frequenz mehr Volumen zukommen lassen. Das kann erreicht werden, indem man einen niedrigeren Split wählt und in diesem den Zielmuskeln priorisiert oder, wie es bei vielen Profibodybuildern die Regel ist, diesem Muskel einen zusätzlichen bzw. zweiten Tag widmet. Insofern arbeiten auch Bodybuilder, die einen Bro-split verwenden, gelegentlich durchaus mit höheren Frequenzen und erkennen dessen Nutzen auch an. Daraus folgt auch, dass eine höhere Trainingsfrequenz auch zu besseren Ergebnissen führen kann, wenn dadurch das Gesamtvolumen, also bezogen auf alle Muskelgruppen, erhöht werden kann (was allerdings nicht automatisch der Fall ist und auch von der zur Verfügung stehenden Zeit abhängt, siehe weiter unten).

 

Ebenfalls einen großen Einfluss auf die Wahl des Trainingssplits hat der Trainingsstand. So würde ich einem Anfänger grundsätzlich immer zu einem niedrigen Split, also einem Gk oder maximal einem 2er-Split raten. Warum? Nun, Anfänger sollten den Fokus zu Beginn Ihrer Trainingskarriere zunächst einmal darauf richten, die Übungen richtig zu erlernen um diese überhaupt effektiv nutzen zu können. Und Übungen lernt man nun mal wesentlich schneller, wenn man sie möglichst oft ausführt. Wenn man nun z.B. Bankdrücken nur einmal die Woche macht, wird man wesentlich länger brauchen als wenn man es dreimal die Woche ausführt, wie es bei einem GK üblicherweise der Fall wäre. Der zweite Grund ist, dass Beginner zunächst nur sehr wenig Volumen benötigen, um einen ausreichenden Wachstumsreiz für die Muskeln zu setzen. Im Prinzip reichen einem Anfänger 3 intensive Sätze um das Muskelwachstum zu stimulieren. Er kann natürlich mehr machen, allerdings hat er davon keinen Mehrwert und wird lediglich seine Regeneration unnötig verlängern. Er kann höheres Volumen also schlicht und einfach nicht verarbeiten. Würde dieser Anfänger nun einen 4er-Split fahren, löst er einmal die Woche einen Wachstumsreiz aus, bei einem GK würde er denselben Reiz dreimal so oft haben. Dementsprechend würde ein Anfänger auch mit einer höheren Frequenz deutlich schneller Muskulatur aufbauen als mit einer niedrigen.

 

Auch die Regeneration spielt bei diesen Überlegungen eine große Rolle. Will man beispielsweise mit einer enorm hohen Intensität bei gleichzeitig verhältnismäßig hohem Volumen trainieren, so bietet sich eher eine niedrige Frequenz an, weil man bei einer hohen Frequenz einfach relativ schnell ausbrennen würde. Ein hoher Split ermöglicht es hier, solche Sessions bis ans Limit zu absolvieren und anschließend ausreichend Zeit zu haben sich von diesen zu regenerieren. Das dürfe auch der Grund dafür sein, dass so viele Profibodybuilder höhere Splittungen verwenden, wobei natürlich auch der Einsatz von Steroiden und sonstigen PEDs hier eine Rolle spielt. Typische Beispiele für dieses Vorgehen wären z.B. Tom Platz, der seine Beine nach eigener Aussage nur alle zwei Wochen trainiert hat aber wenn, dann mit einer geradezu selbstmörderischen Intensität und hohem Volumen. Auch einige Vertreter der HIT-Fraktion plädieren für diese Verfahrensweise.

 

Der wohl wichtigste bzw. in der Praxis für die meisten Trainierenden relevanteste Faktor dürfte aber schlicht und einfach die zur Verfügung stehende Zeit sein. Nicht jeder ist ein Profi-Bodybuilder und hat 24/7 Zeit zu trainieren. Kinder, Job, andere Hobbies und soziale Verpflichtungen machen es oft erforderlich, das Training auf bestimmte Zeiten oder generell zu begrenzen. Wenn man nun z.B. nur zweimal die Woche überhaupt zum Training kommt, macht es wenig Sinn einen hohen Split zu verwenden, da man jeden Muskel bestenfalls nur alle zwei Wochen trainiert, was für sichtbare Fortschritte einfach zu wenig ist. Umgekehrt macht es wenig Sinn einen GK oder 2er zu fahren, wenn man viel Zeit hat und so geil auf Training ist, dass man am liebsten jeden Tag gehen würde.

 

Ebenfalls berücksichtigen sollte man den Faktor der Flexibilität, gerade auch als Anfänger. Wenn man einen hohen Split fährt, ist man quasi gezwungen, jede Einheit exakt an den dafür vorgesehenen Tagen auszuführen. Verschiebt man eine Einheit, verschiebt sich deshalb zwangsläufig meist auch der gesamte Plan und lässt man eine ausfallen, wird die Frequenz zu niedrig um Fortschritte zu erzielen. Insofern verzeiht es ein niedriger Split eher, wenn mal eine Einheit geskippt wird, weil man trotzdem noch eine Reizsetzung stattgefunden hat.

 

Und zu guter Letzt spielt offensichtlich auch die individuelle Veranlagung in einem gewissen Maß eine Rolle. Wie ich bereits weiter oben erwähnt hatte, gab es auch Studien, die trotz ähnlichem Aufbau zu völlig konträren Ergebnissen gekommen sind. Eine mögliche Erklärung dafür könnte eine weitere Studie(4) liefern, die sich ebenfalls der Thematik der Trainingsfrequenz gewidmet hat. In dieser wurden die Probanden allerdings nicht wie bei den anderen Studien in Gruppen aufgeteilt, sondern jeder Proband musste seine Oberschenkel an einem Beinstrecker trainieren. Und zwar ein Bein mit einer hohen und ein anderes Bein mit einer niedrigen Frequenz. Das Ergebnis fiel dabei überraschend aus. Und zwar hat ein Drittel der Teilnehmer mit einer hohen Frequenz besser Muskeln aufgebaut, ein weiteres Drittel mit einer niedrigen und das letzte Drittel erzielte mit beiden Methoden gleich gute Ergebnisse. Besonders bemerkenswert an dieser Studie war außerdem, dass im Gegensatz zu anderen Studiendesigns das Volumen in dieser Arbeit nicht mal identisch, sondern bei der höheren Frequenz ebenfalls höher war. Somit waren bezogen auf die Resultate nicht nur die Unterschiede in Sachen Frequenz, sondern auch die in Sachen Volumen offenbar kein entscheidender Faktor. Es handelt sich hierbei nur um eine einzelne Studie und sollte dementsprechend nicht überbewertet werden, legt jedoch die Vermutung nahe, dass Personen unterschiedlich gut auf hohe bzw. niedrige Trainingsfrequenzen ansprechen.

 

Abschließende Worte

 

Somit kommen wir zum Schluss dieses Artikels. Ich hoffe ich konnte nachvollziehbar darstellen, wie ich zu der Aussage kam, die Wahl des Trainingssplits bzw. die Unterschiede zwischen diesen in Hinsicht auf Muskelaufbau sei weniger bedeutend als es oftmals dargestellt wird. Es handelt sich zumindest um den aktuellen Stand der Trainingswissenschaft, wobei hier natürlich anzumerken ist, dass dieser stets weiterer Überprüfung standhalten muss und demnach nicht auszuschließen ist, dass weiterführende Studien zu einem anderen Ergebnis kommen werden. Allerdings deckt es sich auch mit den subjektiven Beobachtungen von mir und vielen anderen, die bereits einige Trainingsjahre auf dem Buckel haben. Zumindest kann man die Behauptung, ein bestimmter Split sei allen anderen haushoch überlegen, getrost ad acta legen.

 

Somit bleibt es auch bei meiner ebenfalls getätigten Aussage, dass der Split der beste ist, der am besten zu den individuellen Rahmenbedingungen des Trainierenden passt und vor allem, der einem am besten gefällt. Selbst wenn es einen besten Split gäbe, was würde es bringen, wenn dieser einem so gar nicht zusagt und man auf Dauer die Freude am Training verlieren würde? In diesem Fall wäre ein etwas schlechterer Split auf Dauer trotzdem die bessere Wahl. Denn wichtiger als die Wahl des Splits ist und bleibt, dass man sein Training über Jahre hinweg konsequent und mit Leidenschaft durchzieht. In diesem Punkt wird mir hoffentlich niemand widersprechen (und wenn doch ist er eben ein Dummschwätzer).

 

Außerdem scheinen einzelne Studien die zu abweichenden Ergebnissen kommen sowie die weiter oben beschriebene Arbeit zumindest Hinweise zu geben, dass nicht jeder gleich auf unterschiedliche Frequenzen zu reagieren. Sollte sich das bestätigen, so wäre die logische Schlussfolgerung daraus, bei ausbleibendem Erfolg einfach mal einen höheren oder niedrigeren Split auszuprobieren und zu prüfen, ob man damit bessere Ergebnisse erzielen kann.

 

Der eine oder andere Leser wird an dieser Stelle sicher enttäuscht sein, dass er keine definitive Antwort auf die Frage nach dem besten Split erhalten hat. Weil es eben schlicht keine gibt. Aber seht es doch mal positiv, auch wenn ihr immer noch nicht wisst, ob ihr den besten Split trainiert, so ist es doch zumindest sehr unwahrscheinlich, dass ihr großartig Gains verschenkt, weil ihr den falschen trainiert. Eine der Lehren die ihr daraus ziehen könnt und die ich ohnehin jedem ans Herzen legen möchte ist, dass in Sachen Training nichts einfach nur schwarz oder weiß ist. Ganz egal wer euch das weismachen will. Es gibt keine magischen Übungen, Pläne oder Methoden, die besser als alle anderen wären und eure Erfolge von Heute auf Morgen verdoppeln würden. Und das ist eigentlich auch logisch denn gäbe es diese zweifelsfrei, dann hätte man das in 100 Jahren Krafttraining mit Sicherheit festgestellt und diese ganzen Diskussionen hätten sich erübrigt. Im Endeffekt geht es beim Training auch immer darum, selbst herauszufinden was für euch funktioniert und was eben nicht.

 

Und falls es jemand interessiert, hier noch meine persönliche, rein subjektive Meinung: Ich persönlich bevorzuge niedrige bis mittlere Trainingsplits. Konkret wären das 2er und 3er-Splits. Aber nicht weil ich glaube, dass diese effektiver wären, sondern aufgrund meiner persönlichen Vorlieben. So trainiere ich gerne Grundübungen und bin kein großer Fan von Isolationsübungen und Kabelzug-Spielereien (wobei auch die ihren Platz in meinen Plänen haben). Niedrigere Splits geben mir somit die Möglichkeit, diese einfach öfter zu trainieren als nur jeweils einmal die Woche. Ganz niedrige Splits wie GKs haben für mich hingegen den Nachteil, dass viele für`s Bodybuilding wichtige Übungen wie Arm-Isos und Seitheben schwer zu integrieren sind, ohne die Einheiten zu sehr auszudehnen. Und da ich nun mal nach wie vor Wettkampf-Bodybuilder bin, kann ich diesen Aspekt nicht gänzlich außer Acht lassen. Das sind also die Gründe, warum mittlere Splits für mich am besten funktionieren.

 

Ich hoffe ihr konntet was mitnehmen und/ oder hattet zumindest Spaß beim Lesen. Gerne würde ich auch eure Meinung zu der Thematik hören, also teilt mir diese gerne hier mit!

 

Ich habe euch die Quellen bzw. die im Text genannten Studien hier verlinkt, falls ihr euch tiefergehend mit der Materie auseinandersetzen wollt.

 

Hat euch der Artikel gefallen? Lasst es und hier wissen!

 

 

1: Hackett 2013 – Training practices and ergogenic aids used by male bodybuilders 

2: Schoenfeld 2016 – Effects of Resistance Training Frequency on Measures of Muscle Hypertrophy: A Systematic Review and Meta-Analysis

3: Schoenfeld 2019 – How many times per week should a muscle be trained to maximize muscle hypertrophy? A systematic review and meta-analysis of studies examining the effects of resistance training frequency

4: Damas 2019 – Individual Muscle Hypertrophy and Strength Responses to High vs. Low Resistance Training Frequencies

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