Die Nachteile des Fitness-Lifestyles

Die Nachteile des Fitness-Lifestyle

 

 

Der Körperkult hat längst die Mitte der Gesellschaft erreicht. Jeder C-Promi, der aussieht als würde er nicht gleich umkommen beim Versuch eine Bierkiste zu heben, verscherbelt heute sein „Ultra-Xtreme-6 Minuten zum Traumbody-Programm“ ans fitnessbegierige Volk und eine ganze Industrie verdient sich dumm und dämlich mit der simplen Marktstrategie, immer nutzlosere Trainingsgimmicks mit immer cooleren Namen zu versehen. Was der Durchschnittsbürger sich aber wirklich fragen sollte ist, ob er überhaupt bereit dazu wäre die Konsequenzen seines Handelns zu tragen. Für den Großteil der Studiogänger erledigt sich der Traum von Muskeln ohnehin irgendwo zwischen der Planungsphase und den ersten Feldversuchen. Aber was ist, wenn man tatsächlich die nötige Disziplin sowie den Ehrgeiz aufbringt und irgendwann seinem Ziel zumindest halbwegs nahe gekommen ist? Der Laie mag sich das Leben ab diesem Zeitpunkt wie eine Art endloses Hip-Hop Video vorstellen: im Jacuzzi sitzen und sich von halbnackten Unterwäschemodels den Bizeps betatschen lassen. Doch die Realität sieht leider meist anders aus. Denn einen guten Körper zu besitzen hat, neben den unbestrittenen Vorteilen (Körperkraft, sieht geil aus), durchaus auch einige Nebenwirkungen die dem motivierten Jüngling bekannt sein sollten, solange es noch nicht zu spät ist und das explosionsartige Anschwellen der Skelettmuskulatur noch verhindert werden kann…

 

Sie werden dich anfasssen!

 

Viele kennen diesen schlimmen Moment, wenn du den Fehler gemacht hast die Frage ob du trainierst zu bejahen, nur um Sekunden später den unvermeidlichen Griff zum Bizeps zu verspüren. Meist folgt darauf die Aufforderung „spann mal an“ und ab hier wird es dann richtig unangenehm. Zunächst einmal bist du von so viel unverhofftem Körperkontakt und Aufdringlichkeit mindestens peinlich berührt, andererseits möchtest du dann irgendwie doch nicht enttäuschen. Also spannst du halt doch an, nur um dich Sekunden später aufgrund der eigenen Oberflächlichkeit selbst zu verabscheuen. A propos betatschen: Orte, an denen größere Gruppen von Frauen über 30 und Alkohol aufeinandertreffen sind nach Möglichkeit zu meiden oder notfalls ausschließlich im Parka zu betreten, ansonsten heißt es: renn um dein Leben!

 

In der Realität verlaufen solche Situationen selten so angenehm.

 

Sie werden über dich urteilen!

 

Hat man sich erstmal als Hantelschwinger geoutet fühlen sich Menschen aus dem näheren Umfeld oftmals ungefragt dazu berufen, dich durch tägliche Motivation beim Erreichen deines Ziels zu unterstützen. In den meisten Fällen bedeutet dies, dich unaufgefordert und schonungslos zu kritisieren sobald sie den Eindruck haben, du seist außer Form (völlig unabhängig von ihrer eigenen Verfassung). Machst du eine Diät hat das unweigerlich zur Folge, dass Menschen dich mit besorgtem Gesichtsausdruck fragen werden ob du nicht mehr trainierst, schließlich warst du mal viel massiger. Nimmst du nach der Diät wieder zu, heißt es du seist aber fett geworden. Es ist jedenfalls immer wieder erfrischend von Bekannten, die man nur einmal im Jahr sieht, mit einem abschätzigen Blick eine ebenso profunde wie vernichtende Körperanalyse zu erhalten. Wie schwer kann es schließlich schon sein, das ganze Jahr über massiv und einem KfA von 5% rumzulaufen, pfff…

 

Sie werden dich kleinreden wollen!

 

Wenn man sich die Kraftangaben diverser Internetuser so ansieht, sollte man meinen, die Studios in Deutschland könnten sämtliche Kurzhanteln unter 40 Kg auch gleich einmotten. Denn wir sind eine Nation von Monstern, Genetikwundern und Ausnahmetalenten! Doch wer glaubt, im wahren Leben würde man keinem Kraftsport-Seemansgarn begegnen, vergisst dabei eins: die Vergangenheitsform ist das Internet des kleinen Mannes! Der Prototyp wäre ein rundlicher Herr um die 50, der ebenfalls mal sportlich aktiv war und dir permanent zu verstehen gibt, was für ein Weichei du doch bist. Um dies zu unterstreichen, werden bei den Geschichten über sein Training in den „guten, alten Zeiten“ Kraftwerte eingeflochten, die selbst aktuelle IPF Rekorde wie Aufwärmsätze erscheinen lassen. Leider wurde seine verheißungsvolle Karriere irgendwann durch eine Sportverletzung/ schwierige Scheidung/ Schatzsuche in Nicaragua oder ähnlichem beendet. Egal wie unglaubwürdig es erscheinen mag, jeder der schonmal ein Studio von innen gesehen hat wird dir weismachen wollen, dass er zu seiner Zeit ein ganz anderes Kaliber war als du heute und nur aufgehört hat, weil er sonst einfach zu muskulös geworden wäre. Außerdem scheint offenbar jedermann einen Vater, Bruder, Onkel oder  Kumpel zu haben neben dem du wie eine Witzfigur aussiehst, vermutlich selbst wenn du regelmäßig beim Mr. O in den Top 3 landest. Du musst dich jedenfalls darauf einstellen, dass je stärker du wirst, desto mehr werden Leute versuchen dir klarzumachen, wie schwach du eigentlich bist.

 

Sie werde in dir einen kostenlosen Personaltrainer sehen

 

Das andere Extrem sind die Menschen die sich, meist angetrunken auf Parties,  durch deinen Anblick plötzlich an ihre eigenen Neujahrs-vorsätze und deren klägliches Scheitern erinnern und spontan von einer überschwänglichen Motivation gepackt werden. Was dann als harmloses Geplänkel über das Thema Fitness und Muskelaufbau beginnt, endet fast zwangsläufig damit, dass du genötigt wirst ein zweistündiges Referat zu halten. Und eine Zeitlang ist dass auch nicht schlimm, man hilft ja gern und dieses Thema quasi aus der Sicht des Nachher-Bildes zu erläutern schmeichelt ja auch dem Ego. Aber irgendwann wirst du zurückblicken auf ungezählte Stunden der immer selben Fragen und Antworten, du erinnerst dich an die Stapel an Plänen die du für Bekannte erstellt hast deren Trainingslaufbahn nur eine Woche umfasste und an die langwierigen, ermüdenden Diskussionen (Ich muss Beine nicht trainieren, weil Fussball/ Sind das nicht zu wenig Bizepsübungen?/ich will nicht aussehen wie du, deshalb kein hartes Training usw.). Und irgendwann ist auch der enthusiastischste Freizeit-Coach an dem Punkt, an dem er sein Gegenüber nur noch bei den schmalen Schultern packen will, ihn schütteln und brüllen: „Ich bin doch nicht eure Fitness-Nutte! Kauft euch ein verdammtes Buch oder geht ins Internet!!!“

 

Sie werden dich für Schwerstarbeit missbrauchen

 

Wenn es in z.B. deiner Firma keinen Gabelstapler gibt, man aber eigentlich einen brauchen würde, wird man das benutzen was einem Gabelstapler am Nächsten kommt, also dich. Wann immer es in Zukunft etwas Schweres, Sperriges und/oder unhandliches zu schleppen, tragen oder verrücken gibt – wenn du greifbar bist kannst du dir sicher sein, dass der Job an dir hängenbleibt. Und zwar nicht nur bei der Arbeit sondern in deinem gesamten Umfeld. Die jeweiligen Schuldigen meinen es oftmals noch nicht einmal böse. Vielmehr scheint die Meinung vorzuherrschen, Kraftsportler würden in Ihrer Freizeit nichts lieber machen als Waschmaschinen über 4 Stockwerke eines Altbaus zu befördern. Um die erfolgreich an dich delegierte Schwerstarbeit noch als Gefallen zu tarnen, wird (im Schwäbischen) gerne noch ein „do brauchsch koi Fitness-Schtudio meh“ oder ähnliche Kalauer hinterhergeschoben. So oder so wird dein Leben fortan dem eines Packesels ähneln. Und da sag nochmal einer, stark zu sein hätte keine Nachteile. Und hüte dich vor Umzügen!

 

Wozu Möbelpacker beauftragen, wenn man einen Kraftsportler im Freundeskreis hat?

 

Egal ob du stoffst oder nicht, du stoffst!

 

Wenn du mal ein paar Jahre trainiert und auf deine Ernährung geachtet hast und dir nicht ein Mal vorgeworfen wird Steroide zu nehmen, muss etwas gewaltig schiefgelaufen sein in deinem Vorgehen. Natürlich ist klar, dass heute nicht überall „Natural“ drinsteckt, wo es auch draufsteht, insbesondere wenn es um viel Geld geht. Aber andere des AAS-Konsums zu beschuldigen scheint mittlerweile eine Art Trendsport geworden zu sein und es werden schon Menschen beschuldigt, die noch nicht einmal wirklich trainiert aussehen. Wenn man natürlich auf 1,80 m 100+ fettfreie Kilos verteilt, bekommt jede Empörung darüber einen etwas heuchlerischen Beigeschmack. Aber es reicht schon vollkommen aus, seine Körpergröße – 100 in Kilogramm bei guter Form zu erreichen, um den meisten Leuten suspekt zu erscheinen. Anfangs nimmst du das noch als Kompliment wahr aber irgendwann schwillt dir einfach jedes Mal der Kamm wenn dir zum x-ten mal einer dieser „jetzt mal unter uns…“-Fragen gestellt wird. Nicht einmal wegen dem Stoff an sich, sondern vielmehr weil man dir die harte Arbeit und Disziplin, die du investiert hast, abstreitig machen will. Vorsicht Falle: Wenn man dich fragt, was du von Jungs wie Kai Greene, Dennis Wolf und so hälst, sind die einzig akzeptablen Antworten etwas wie: „viel zu viel, unnatürlich, geradezu widerlich“. Gibst du dich als Fan zu erkennen, bist du quasi schon „enttarnt“.

 

Darüber hinaus hat das Leben als fleischgewordene Michelangelo-Skulptur durchaus noch weitere Tücken auf Lager. Aber bereits jetzt sollte so manchem klargeworden sein, dass auch dieses Leben kein Zuckerschlecken ist (weil das kurzkettige Kohlenhydrate sind). Wenn du bereit bist mit diesen Folgen zu leben dann schwing dich weiter an die Hantel! Wenn nicht ist es noch nicht zu spät zu reagieren und deine Ernährung (Protein raus, Rest hoch) sowie dein Training (nur noch Restdays) anzupassen, dann wird das schon!

 

Viel Erfolg!

 

Welche anderen nervigen Nebeneffekte kennt ihr noch? Sagt es uns hier!

 

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