Über Community, Foren und die Lifters-Lounge

Über Community, Foren und die Lifters-Lounge

 

Community scheint gerade der absolute Lieblingsbegriff jeder Marketingabteilung von Füssen bis Kiel zu sein. Allerdings ist hier natürlich nicht Community im eigentlichen Sinne des Wortes gemeint, sondern vielmehr, sich eine Privatarmee an hörigen Fanboys und -Girls heranzuzüchten, die die Brand mit religiösem Eifer verehren und in ihrem Bekanntenkreis für diese missionieren. Also unkritische Kunden, die sogar gleich die PR übernehmen, und das auch noch kostenlos. Da schlägt das Unternehmerherz doch gleich ein paar Oktaven höher. Um das zu erreichen, kann man sich als Geschäftsführer eines Großunternehmens auch schon mal ganz nahbar geben. Zum Beispiel in dem man sich vor dem ekstatischen Fußvolk auf einem Podest präsentiert, von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit fabuliert und dabei mit sich überschlagender Stimme beteuert, man sei ja einer von Ihnen (nur eben reicher und geiler). Aber wenn es darauf ankommt, zeigt sich dann schnell, was diese Lippenbekenntnisse wirklich wert sind.

 

Warum diese Exkursion in die Welt der Betriebswirtschaftslehre? Nun, wie einige vermutlich bereits wissen werden, ist die Lifters-Lounge aus Team-Andro hervorgegangen. Dieses Forum würde also gar nicht existieren, wenn die neuen Betreiber nicht beschlossen hätten, Andro einzustampfen. Mit dieser Entscheidung wurde nicht nur ein schier unerschöpfliches Reservoir an Wissen vernichtet, es wurde auch eine ganze Community verstoßen. Nicht irgendeine Community wohlgemerkt, sondern die Community, aus der die Marke quasi hervorgegangen ist und die diese erst zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Aber wir waren eben nicht die Community, die man sich in der Geschäftsführung gewünscht hat, also keine Marketingopfer die jedem Re-stock entgegenfiebern wie ein Kind dem Weihnachtsabend und jeden neuen Produkt-Launch feiern, als wäre es ein Heilmittel gegen Krebs. Ja, wir haben die Marke unterstützt, weil die Produkte gut waren und die Marke wiederum das Forum unterstützt hat. Aber wir haben nicht jede Entwicklung gutgeheißen, haben bei manchen Entscheidungen auch Kritik geübt und vor allem haben wir uns nie über die Marke identifiziert. Wir haben uns mit dem Forum identifiziert, vor allem aber mit den Leuten die dieses Forum bevölkert haben. Wir waren einfach ein verschworener Haufen und jeder von uns hat sich in diesem Umfeld ein wenig wie zuhause gefühlt. Es ist schon erstaunlich: Im Endeffekt sind wir nur eine Ansammlung von anonymen Accounts und kennen von den meisten anderen Usern weder die echten Namen, noch wissen wir wie diese aussehen. Und doch hat uns ein Gefühl der Einigkeit verbunden, das man einfach nicht kennenlernt, wenn die einzige Interaktion mit den anderen Teilen der „Community“ darin besteht, Kommentarspalten auf Instagramm mit Fire-Emojis vollzukleistern und sich gegenseitig Likes dafür zuzuschanzen, wer Influencer XY tiefer ins Rektum kriecht. Die Leute, mit denen ich im Forum regelmäßig zu tun habe, wissen inzwischen vermutlich mehr über mich als 99% der Leute im Real Life (Partner und engste Freunde ausgenommen), haben mir beigestanden als es Probleme bei der Geburt meines Kindes gab und mich angefeuert, als ich mich für meine Wettkämpfe vorbereitet habe. So komisch es klingen mag bei einer eigentlich anonymen Gruppierung, aber ich betrachte deshalb auch viele der Mitglieder als meine Freunde. Und ja, man kommt nicht mit jedem aus und ab und an knallt es auch. Aber auch das gehört nun mal zu einer echten Gemeinschaft, das ist Community! 

 

Und genau deshalb haben wir uns auch nicht einfach abschalten lassen, weil wir ein Haufen zäher Bastarde sind, für die Aufgeben keine Option war. Stattdessen haben wir, unter Mithilfe der wenigen Personen, die überhaupt in die geplante Schließung eingeweiht waren, beschlossen, von nun an einfach unser eigenes Ding durchzuziehen. Und besonders in dieser Zeit hat sich gezeigt, was eine echte Community wert ist. Ab dem Moment, zu dem wir unser Vorhaben öffentlich gemacht haben, wurden wir geradezu überflutet von Hilfsangeboten der User. Leute haben Geld gespendet, einige User haben wochenlang mehr an der Technik des neuen Forums als an ihren eigentlichen Berufen gearbeitet, kurz: jeder hat etwas beigesteuert, um dieses Projekt zu verwirklichen und der Community ein neues Zuhause zu geben. Und schließlich war es dann so weit: Es wurde angekündigt, dass Andro Ende der Woche abgeschalten wird, nochmal deutlich früher als ursprünglich kommuniziert. Also hieß es noch einmal alle Kräfte mobilisieren um das halbfertige Forum in ein paar Tagen in eine nutzbare Form zu bringen. Und was haben wir gezittert, als es dann tatsächlich so weit war. Ich habe gezittert, dass sich außer ein paar Dutzend aus dem harten Kern überhaupt keine User im neuen Forum einfinden würden und die IT-Jungs haben gezittert, dass uns das Ding Minuten nach dem Start um die Ohren fliegt und das ganze Experiment in einer Fehlermeldung endet. Und doch haben wir es geschafft. Statt der erhofften 200 User, waren wir innerhalb von ein paar Tagen über 2000, trotz kleinerer Kinderkrankheiten lief die Seite stabil, die Community war gerettet.

 

Aber wenn wir etwas machen, dann machen wir es richtig, und deshalb wollten wir nicht einfach nur ein Andro-Abklatsch sein, mehr als nur ein Auffanglager für heimatlose Androjaner. Wir wollten die Essenz von Andro bewahren und nach und nach versuchen, den gewaltigen verlorenen Wissensschatz wieder aufzubauen, aber gleichzeitig auch etwas Neues schaffen, das nicht nur den alten Mitgliedern gefällt, sondern auch eine neue Generation von Usern anlocken soll. Und so traurig das Ende von Andro auch war, so boten sich dadurch auch neue Möglichkeiten. Da wir nun nicht mehr an eine Marke gebunden waren, konnte nun endlich auch offen über andere Hersteller und deren Produkte diskutiert und über aktuelle Angebote informiert werden. Allein das bringt schon einen riesigen Mehrwert. Die Technik, die seit Jahren nur stiefmütterlich betreut wurde, konnte endlich aktualisiert werden, das altbackene Design wurde gegen einen cleanen, hochwertigen Look getauscht und die Palette an Emojis wurde ergänzt. Aber das war noch nicht alles. Wir wollten auch, dass das Forum interaktiver wird und die User die Möglichkeit bekommen, selbst an dessen Gestaltung mitzuwirken. Wir haben Threads erstellt, in denen User ihre Ideen und Wünsche beisteuern konnten, haben neue Interaktionsmöglichkeiten geschaffen, Challenges, Battles und Wahlen zu Athleten eingeführt, sprich: wir haben die geballte Kreativität der Gemeinschaft genutzt und ein Forum geschaffen, das sich frisch und lebendig anfühlt, ohne unsere alten Werte aufzugeben. Und sicher, nicht alle dieser Ideen werden funktionieren bzw. angenommen, aber wir werden uns trotzdem immer wieder neue Spielereien einfallen lassen um dem Konzept eines Forums einen frischen, zeitgemäßen Anstrich zu verpassen. Auch deshalb sind wir bereits nach 6 Monaten, quasi noch ein Säugling in der Forenwelt, gemessen an der Anzahl der täglichen Beiträge eines der aktivsten Foren im deutschsprachigen Raum, wahrscheinlich sogar das aktivste.

 

An dieser Stelle ein Wort an die neuen User: Wenn man die Kommentare zur Abschaltung von Andro in anderen Medien verfolgt, so überwiegt darin das Bedauern, dass diese unersetzliche Datenbank an Wissen zum Thema Kraftsport verloren ist. Aber ab und an auch die Häme einiger weniger, die sich darüber auslassen, dass die Andro-User sowieso nur eine Bande von Pennern und überhaupt total gemein gewesen wären, mimimi. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Personen, die kurzzeitig Teil des Forums waren aber entweder eine dicke Lippe riskiert haben und vom Hof gejagt oder sich mit den Mods angelegt haben und gesperrt wurden. Ja, Andro war durchaus auch ein wenig berüchtigt und ganz ehrlich, bis zu einem gewissen Grad waren und sind wir auch stolz drauf. Wir wollten nie, dass jeder in der Szene uns mag und wir wollten auch nie eine reibungsfreie Wohlfühloase sein, weil ein Forum vom offenen Austausch lebt und dazu gehört eben auch (konstruktive) Kritik. Wäre die Fitness-Szene ein Schulhof, dann wären wir die coolen Kids aus der Raucherecke, die jeder offiziell scheiße findet, aber insgeheim gerne mit uns rumhängen würde. Wir sind die Jungs und Mädels, die der Klassenstreber nicht auf seine Hausparty einlädt, weil sie ihnen sonst die Mädels (oder Jungs) ausspannen und Papa´s Kellerbar leersaufen. Wir haben einen schrägen, teilweise auch tiefschwarzen Sinn für Humor, einen eigenen Slang und massig Insiderjokes. Das muss man wissen und das muss man auch aushalten können. 

 

Aber wenn man sich darauf einlässt, dann sind wir eben auch eine Community die so viel Wissen und Erfahrung in Sachen Kraftsport und Fitness (und vielem, vielem mehr) besitzt und dieses auch gerne teilt. Wir haben so viele intelligente, witzige und außergewöhnliche Charaktere in unserer Gemeinschaft und deshalb können wir euch so viel mehr bieten als es Instagramm, Youtube oder andere Medien aus diesem Bereich je könnten, bei denen ihr eure Inhalte vorgekaut und in mundgerechten Häppchen präsentiert bekommt. Also fass dir ein Herz, schließ dich uns an, sei einfach du selbst und werde ein Teil dieser einzigartigen Community!

 

Denn, um nochmal den Bogen zum Anfang dieses Textes zu spannen, diese Unternehmen erschaffen keine echten Communities, was sie erschaffen ist Hype. Aber Hype hat eben die Eigenschaft, irgendwann auch wieder vorbei zu sein. Eine Community hingegen bleibt bestehen.

 

Wir sind die Lifters-Lounge.

 

Wir sind die Fitness-Community.

 

 

 

Was ist eure Meinung zum Artikel, den behandelten Themen und der Lifters-Lounge? Erzählt es uns hier!

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