Kaffee – ein Superfood für Sportler

Kaffee – ein Superfood für Sportler

 

von Ulrike Hacker

 

Bei dem Wort „Superfood“ denken die die meisten wohl an Chiasamen, Gojibeeren und sonstigen fancy Lebensmitteln, die wir regelmäßig auf Instagram zu sehen bekommen. Dabei gibt es da ein vermeintlich unspektakuläres Getränk, dass den Menschen seit Jahrhunderten begleitet, und das erst nach und nach seine verdiente Würdigung erfährt: der Kaffee! Der kann nämlich noch viel mehr, als uns wach zu halten. Für Sportler ist Kaffee tatsächlich ein wahrhaftes Superfood – hier kommen viele gute Gründe für das schwarze Gold.

 

 

Wie gesund ist Kaffee eigentlich?

 

Obwohl sich sein Ruf schon wesentlich verbessert hat, wird Kaffee immer noch allzu oft mit einem ungesunden Lebensstil assoziiert. Zurecht wohl in einem Setting aus „Nuttenfrühstück“ (schwarzer Kaffee und Zigarette) und literweisem Konsum.

 

Bewusst verzehrt ist Kaffee aber ein überaus gesundes Lebensmittel. Das hat mehrere Gründe.

 

Welche Inhaltsstoffe machen den Kaffee so gesund?

 

Wer an die wichtigsten Inhaltsstoffe des Kaffees denkt, der denkt zuallererst an Koffein. Die psychoaktive Substanz schätzen wir für ihren wachmachenden Effekt. Dieser kommt zustande, indem die Ausschüttung erregender Hormone wie Dopamin und Noradrenalin angeregt wird. Gleichzeitig sorgt Koffein dafür, dass Adenosin nicht mehr an seinen Rezeptoren andocken und dadurch wirken kann. Adenosin ist ein Hormon, das sich über den Tagesverlauf im Gehirn an sammelt macht uns müde und unkonzentriert werden lässt.

 

Koffein soll aber auch das Risiko bestimmter Krankheiten minimieren, darunter einige Krebsarten (Aber Achtung! Krebsvorbeugende Wirkungen durch einzelne Lebensmittel sind immer mit Vorsicht zu genießen!), Lebererkrankungen und Typ 2 Diabetes. Letztgenanntes wird u.a. durch die Verbesserung der Insulinsensitivität erzielt. Die Forschungslage hierzu ist allerdings noch ausbaufähig.

 

 

Weniger prominent sind die im Kaffee enthaltenen Antioxidantien. Hierzu zählen z.B. Melanoidine und sekundäre Pflanzenstoffe wie Polyphenole. Antioxidantien sind bekannt für ihre Fähigkeiten, freie Radikale unschädlich zu machen und so z.B. Alterungsprozesse aufzuhalten,

 

Ein weiterer Bestandteil ist die Chlorogensäure (die je nach Quelle auch zu den Antioxidantien gezählt wird). Die Senkung des Säuregrades ist dem engagierten Barista ja ein besonderes Anliegen, und magenschonend ist die Chlorogensäure gewiss nicht. Bei maßvollem Konsum überwiegen ihre Vorteile aber bei weitem den Einbußen an Geschmack und Bekömmlichkeit. Sie soll etwa entzündungshemmend wirken, den Glukosestoffwechsel verbessern und den Blutdruck senken.

 

Dies ist nur als Auszug zu verstehen. Kaffee ist ein komplexes pflanzliches Lebensmittel das als solches unzählige chemische Verbindungen enthält, die zum Teil noch wenig erforscht sind. Wenn wir im Folgenden über die Vorteile des Kaffees für Sportler sprechen, so ergeben sich diese ohnehin überwiegend aus dem (sehr gut untersuchten) Koffein.

 

 

Kaffee als Booster vor dem Training – kann er die Leistung verbessern?

 

Kaffee ist der schlichteste Booster der Welt. Vor dem Training konsumiert kann er uns auf verschiedene Weisen leistungsfähiger machen.

 

Wacherer Zustand

 

Jeden Tag rettet der Kaffee Millionen von Menschen ihre Trainingseinheit, weil er auch noch nach der kürzesten Nacht ein erträgliches Level an Wachheit erzeugt. Die Biochemie dahinter wurde bereits erläutert. Das ist also der erste offensichtliche Erfolgsfaktor: Kaffee macht uns mental und körperlich einsatzbereit und verbessert unsere Stimmung und unser Selbstvertrauen. Von der verbesserten Konzentration profitieren vor allem Sportler aus Disziplinen wie Kampfsport- oder Teamsport.

 

Verbesserte Muskelrekrutierung

 

Das im Kaffee enthaltene Koffein hat auch neuromuskuläre Wirkungen. Es kann helfen, mehr Muskelfasern zu rekrutieren und trägt damit zu einer stärkeren Krafterzeugung bei.

 

Weniger Ermüdung durch Mobilisierung von Fett

 

Kaffee kann die Freisetzung von und Energiegewinnung aus Körperfett stimulieren. Hierdurch wird das Heranziehen von Glykogen reduziert und Ermüdungserscheinung hinausgezögert. Relevant ist dies natürlich weniger im reinen Krafttraining, sondern vor allem für längere Belastungen im Cardio-, bzw. Ausdauerbereich.

 

Schmerzstillende Wirkung

 

Kaffee kann die Sensibilität für Schmerzen und Unwohlsein senken, sodass ein härteres Training möglich wird. Die genannte entzündungshemmende Wirkung kann zudem Abgeschlagenheit und Muskelkater nach dem Training mindern.

 

 

Hilft Kaffee beim Muskelaufbau?

 

Kaffee kann vieles, aber nicht alles. Direkte positive Wirkungen auf den Aufbau von Kraft und Muskelmasse sind nicht zu erwarten. Indirekt erlaubten die höhere Schmerztoleranz und die verstärkte neuromuskuläre Aktivierung ein härteres und schweres Training, was wiederum der Hypertrophie zuträglich ist.

 

 

Hilft Kaffee bei der Diät?

 

Kaffee ist aus mehreren Gründen der ideale Begleiter für die Diät.

 

Ausgleich von Abgeschlagenheit im Kaloriendefizit

 

Idealerweise sollte ein Kaloriendefizit so moderat gewählt werden, dass es sich nicht auf das allgemeine Energielevel auswirkt. Im Härtefall, z.B. in den Endphasen einer Wettkampfdiät, geht es aber doch schon mal an die physische und psychische Substanz. Hier kann der stimulierende Kaffee durch Alltag und Training helfen.

 

Höhere Fettverbrennung

 

Die vermehrte Mobilisierung von Fettzellen zur Energiegewinnung beim Sport wurde bereits als Leistungsbooster genannt. Natürlich freut es auch den Diätenden, wenn der Körper sich beim Joggen an den ungeliebten Fettpölsterchen bedient.

 

Unterdrückung von Hunger

 

Koffein kann effektiv Hunger unterdrücken. Zum einen soll es die Produktion von Leptin anregen, ein Hormon, das von Fettzellen produziert wird und dem Gehirn eine ausreichende Sättigung signalisiert. Zeitgleich wird die Produktion vom Leptin-Gegenspieler, dem Hunger signalisierenden Ghrelin, unterdrückt. Die Balance der beiden Hormone ist in den Körpern vieler Langzeitübergewichtiger gestört.

 

Zudem bewegt der Adrenalinausstoß nach dem Kaffeetrinken den Fokus von Hunger und Appetit weg.

 

 

Verbesserung des Kohlenhydratstoffwechsels

 

Eine kohlenhydratreiche Ernährung gepaart mit Bewegungsarmut führt zu einem dysfunktionalen Glukosestoffwechsel. Grob gesagt verliert der Körper seine Fähigkeit, die Glukose aus den Nahrungskohlenhydraten zur Energiegewinnung zu nutzen oder als Glykogen in den Muskeln zu speichern. Unter anderem die in der Kaffeebohne vorkommende Chlorogensäure kann dabei helfen, die natürlichen Stoffwechselprozesse wieder ins Lot zu bringen.

 

 

Kalorienfreie Befriedigung

 

Schließlich ist da noch die mentale Sonnenseite des Kaffees: Noch in der härtesten Diät verschafft das kalorienfreie Getränk tägliche Genussmomente ohne Reue. Das hilft, am Ball zu bleiben.

 

 

 

 

 

Wie viel Kaffee am Tag ist noch gesund?

 

Als Faustregel können bis zu 400 mg Koffein am Tag, bzw. bis zu vier Tassen Kaffee problemlos getrunken werden. In diesem Rahmen ist auch der ihm häufig angekreidete dehydrierende Effekt zu vernachlässigen.

 

Abhängig macht Kaffee zweifelsohne, wobei wir es hier mit einer nur schwer auseinander zu dividierenden Mischung aus substanzieller und psychischer Sucht zu tun haben. Letztgenanntes drückt sich durch die „nicht vor dem ersten Kaffee!“-Attitüde vieler Konsumenten aus, bei der wohl auch die Gewohnheit und Assoziation eine entscheidende Rolle spielt. In mehreren Studien haben sich Kaffeetrinker auch dann leistungsfähiger gefühlt, wenn ihnen ohne ihr Wissen die koffeinfreie Variante gereicht wurde.

 

 

Man könnte noch seitenweise über die tollen Effekte des Kaffees für Sportler schreiben. Belassen wir es aber bei einer kurzen Zusammenfassung des bis hierher Geschriebenen:

 

Kaffee in Maßen konsumiert ist mit vielen gesundheitlichen Vorteilen wie einer Verbesserung der Insulinsensitivität und des Kohlenhydratstoffwechsels sowie der Eliminierung freier Radikaler verbunden. Er wirkt sich positiv auf die sportliche Leistungsfähigkeit aus und kann eine Diät sinnvoll unterstützen. Kaffee ist zudem überall verfügbar, billig und – soweit bekannt – nicht allzu schädlich für die Umwelt (Fairtrade sollte er allerdings sein). Es spricht also wirklich nichts gegen das unterschätzte Superfood von Omas Kaffeetafel.

 

Anmerkung: Ein Pumpinmatchanougatspicelatte ist in keinem Paralleluniversum ein Kaffee und daher auch nicht sportler- oder gar diättauglich.

 

 

Eure Meinung zu diesem Artikel könnt ihr uns hier mitteilen!

 

Quellen

 

Alicandro et al.: Coffee and cancer risk: a summary overview. European Journal of Cancer Prevention, 2017.

 

Ärnlöv et al.: Coffee Consumption and Inslin Sensitivity. Jama Network, 2004.

 

Bazzuchi et al.: Caffeine improves neuromuscular function during maximal dynamic exercise. Muscle & Nerve, 2011.

 

Daly et al.: The role of adenosine receptors in the central action of caffeine. Pharmacopsychoecologia, 1994.

 

Duncan et al.: Acute caffeine ingestion enhances strength performance and reduces perceived exertion and muscle pain perception during resistance exercise. Physiology and Nutrition, 2011.

 

Meng et al.: Roles of Chlorogenic Acid on Regulating Glucose and Lipids Metabolism: A Review. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, 2013.

 

Morisco et al.: Coffee and Liver Health. Journal of Clinical Gastroenterology, 2014.

 

Songster, Olivia: The Placebo Effect: Caffeinated vs. Decaffeinated Coffee. California State Science Fair Project Summary, 2013.

 

Suzuki et al.: Green coffee bean extract and ist metabolites have a hypotensive effect in spontaneously hypertensive rats. Hypertense Research, 2002.

 

Watanabe et al.: The blood pressure-lowering effect and safety of chlorogenic acid from green coffee bean extract in essential hypertension. Clinical and experimental hypertension, 2006.

 

Yi Zahn, Dian-Zhong Zhang: Associations of coffee consumption with circulating level of adiponectin and leptin. A meta-analysis of observational studies. Internationale Journal of Food Science and Nutrition, 2018.

 

 

 

 

 

 

 

Nach oben scrollen