Freihanteln vs. Maschinentraining
Was ist besser?

Als ich erstmals angefangen habe, mich eingehender mit dem Thema Muskelaufbau zu beschäftigen, und mich deshalb bei unserem Vorgängerforum Team-Andro angemeldet hatte, schien die Sachlage klar: Freihanteln sind King, Maschinentraining ist nur was für Rentner, Hausfrauen und blutige Anfänger. Begründet wurde das dann irgendwie mit mehr Muskelbeanspruchung durch Stabilisierung oder wahlweise auch einfach damit, dass man einen größeren Bizeps hatte, was generell immer ein gutes Argument ist.

 

Dieses Bild schien sich auch zu bestätigen, wenn man ein Fitnessstudio betreten hat. Dort koexistierten quasi zwei komplett unterschiedliche Welten. Auf der einen Seite war da der Maschinen- und Cardiobereich, in dem Trainer Mittfünfzigern erklärten, wie man einen Latzug ausführt und zum anderen war da der Freihantelbereich, das Reich der schweren Jungs in den Stringern, in dem das Gesetz des Dschungels zu herrschen schien und aus dem das Schreien testosteronstrotzender Barbaren sowie das Klingen von Eisen auf Eisen zu hören war. Als Anfänger war man gleichzeitig eingeschüchtert, aber auch ein wenig fasziniert von diesem Bereich und wollte nach diesem Anblick entweder seine Mitgliedschaft sofort beenden oder aber um jeden Preis zu diesem elitären Zirkel dazugehören.

 

Das alles ist zwar noch gar nicht mal so lange her, aber in der Zwischenzeit hat sich das Bild gewandelt. Ein Grund dafür dürfte sein, dass durch die Verbreitung der sozialen Medien das Training der Pros immer transparenter wurde und Leute wie Dexter Jackson oder Phil Heath bereits damals viel mit Maschinen trainiert haben. Also gehen wir die Sache mal ganz unvoreingenommen und analytisch an, um zu klären, ob eine der beiden Trainingsweisen wirklich besser ist!

 

 

Was sagt die Wissenschaft?

Üblicherweise macht dieser Abschnitt ja den größten Teil meiner Artikel aus und ich versuche, möglichst viele relevante Studien zu einem Thema aufzuführen und deren Methodik zu beleuchten, um eventuelle Schwächen zu finden und Rückschlüsse zu ziehen. Da die Resultate in diesem Fall aber selten eindeutig sind, halten wir diesen Teil dieses Mal bewusst etwas kürzer.

 

Sowohl die Studie von Schwanbeck und Kollegen aus dem Jahr 2020 (1), als auch die neuere Metastudie von Haugen und Kollegen (2), bei der weitere Studien zu dieser Fragestellung ausgewertet wurden, kommen einmütig zu dem Schluss, dass Maschinentraining und das Training mit freien Gewichten grundsätzlich die gleichen Ergebnisse liefert. Und ganz ehrlich, eigentlich sollte das auch niemand wirklich überraschen. Wer auch nur ein wenig von den Mechanismen von Hypertrophie versteht, sollte eigentlich wissen, dass es dem Muskel eigentlich ziemlich egal ist, wodurch er belastet wird, solange die Intensität ausreichend hoch ist, der Muskel über die volle Länge bewegt wird und das Volumen ausreicht.

 

Vielleicht etwas überraschender ist die Tatsache, dass es wohl auch in Sachen Kraftaufbau keine Unterschiede zu geben scheint. Wobei man hier natürlich das Prinzip der Spezifität beachten muss. Je nachdem, was als Maßstab für den Kraftaufbau gewählt wurde, können die Ergebnisse abweichen. Wenn zum Beispiel Bankdrücken gewählt wurde, um den Zuwachs an Kraft festzustellen, werden logischerweise die Leute besser abschneiden, die auch Bankdrücken ausgeführt haben. Umgekehrt werden bei einem Test an einer Maschine eher die besser abschneiden, die auch an solchen trainiert haben. Aber auch das dürfte an sich keine Überraschung sein, man wird eben nur signifikant stärker in einer Übung, wenn man sie auch trainiert. Blendet man diese Unterschiede aber aus und beschränkt sich nur auf den relativen Kraftzuwachs, sind auch die Ergebnisse in diesem Bereich identisch.

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Gemäß der aktuellen Studienlage sind beide Trainingsmethoden absolut gleichwertig, wenn es um Muskel- und Kraftaufbau geht. Das heißt aber nicht, dass es gar keinen Unterschied macht, wie man trainiert. In bestimmten Szenarien eignet sich eine Trainingsweise durchaus besser…

 

Maschinentraining: Pro & Contra

Der wohl größte Vorteil von Maschinentraining ist der Sicherheitsaspekt. Wenn man an Maschinen trainiert, benötigt man keinen Spotter (außer bei speziellen Intensitätstechniken für Fortgeschrittene) und die Gefahr, sich schwer oder gar tödlich zu verletzen, ist erheblich geringer. Das wohl beste Beispiel hierfür wäre der Vergleich von Bankdrücken und einer Brustpresse. Wenn man sich bei der Brustpresse verschätzt oder gar abrutscht, hat das erst einmal keine gravierenden Folgen. Passiert einem dasselbe beim Bankdrücken, hat man mindestens mal ein Problem oder aber eine ernsthafte Verletzung. Daraus resultiert auch, dass es beim Maschinentraining meist deutlich einfacher ist, wirklich bis an seine Grenzen zu gehen, einfach weil ein Fail weniger schmerzhaft oder gefährlich ist. Allerdings sollte man keinesfalls den Fehler machen zu glauben, man könne sich an Maschinen überhaupt nicht verletzen. Eine gute Technik ist auch bei geführten Übungen unerlässlich, um gesund zu bleiben, und gerade Maschinen wie die Beinpresse oder die Hackenschmidt haben schon so manche schwere Verletzung erzeugt.

 

Eine Fitnesssportlerin setzt zum Ziele des Muskelaufbaus in den Schultern ein Maschinentraining ein.
Einer der größten Vorteile von Maschinentraining ist die höhere Sicherheit.

 

Ein weiterer Vorteil von Maschinen ist es, dass sie meist besser darin sind, einen Muskel wirklich isoliert zu belasten und somit ein besseres Muskelgefühl erzeugen können. Oder anders ausgedrückt: Es ist schwerer, am Muskel “vorbeizutrainieren”, wie es manchmal bei freien Verbundübungen der Fall ist. Besonders beim Training von Schwachstellen kann das sehr hilfreich sein.

 

Was auch oft genannt wird, wenn es um die Vorteile von Maschinen geht, ist, dass die Widerstandskurve bei Übungen wie beispielsweise Seitheben deutlich konstanter ist. Hanteln haben hier oft das Problem, dass der Widerstand sehr ungleichmäßig auf die Bewegungsamplitude verteilt ist und teilweise sogar so ungünstig verläuft, dass der Muskel genau dann am wenigsten belastet wird, wenn er maximal gedehnt ist. Dabei wäre genau hier das Training am effektivsten. Wobei man hier nicht zu vorschnell Schlüsse ziehen sollte. Erstens betrifft dies nur wenige Übungen und wie bereits gesehen führt das auch nicht zwangsläufig zu besseren Ergebnissen. Allerdings muss man sagen, dass dieser spezifische Mechanismus nicht explizit untersucht wurde. Wobei in den Studien auch herkömmliche Curls mit Maschinencurls verglichen wurden, bei denen genau das der Fall sein sollte und hier kein Unterschied in Sachen Muskelaufbau festgestellt werden konnte. Also ja, in der Theorie scheint das ein großer Vorteil zu sein, in der Praxis wohl eher nicht bzw. nicht immer.

 

Und natürlich ist das Training an Maschinen auch wesentlich einfacher zu erlernen und anzuwenden als Freihanteltraining. Komplexe Übungen wie die Kniebeuge oder Kreuzheben sind koordinativ anspruchsvoll und es erfordert eine Menge Zeit und Übung, um diese korrekt und sicher auszuführen. Zwar gibt es auch beim Training an Geräten ein paar Dinge zu beachten, aber grundsätzlich ist die richtige Ausführung in der Regel trotzdem wesentlich schneller und einfacher zu erlernen. Zusammen mit dem Sicherheitsaspekt ist das auch einer der Gründe, warum Personaltrainer ihre Schützlinge bevorzugt an Maschinen trainieren lassen, der Betreuungsaufwand ist einfach geringer.

 

Wenn es um Nachteile des Maschinentrainings geht, wird es schwer, überhaupt etwas zu finden. Eigentlich sind es dann eher die Punkte, die Vorteile von Freihanteln ausmachen, als echte Nachteile. Was man aber auf jeden Fall berücksichtigen sollte, ist, dass erstens nicht jede Maschine auch eine gute Maschine ist und zweitens sogar eine gute Maschine nicht für jeden geeignet ist.

Der erste Teil sollte eigentlich selbsterklärend sein. Manche Maschinen sind einfach sehr ungünstig konstruiert. Die Bewegungsamplitude oder -Richtung entspricht nicht der Biomechanik, die Übersetzung ist schlecht, der Gewichtsstapel reicht nicht aus usw. Leider ist dieses Phänomen weiter verbreitet, als man glauben sollte, und jeder, der gerne und oft an Maschinen trainiert, wird bestätigen, dass es einfach auch eine Menge schlechter Geräte gibt.

 

Der zweite Punkt ist eher individuell und betrifft besonders Trainierende, die in Sachen Statur nicht der Norm entsprechen. Wer z. B. sehr groß oder klein ist und/oder sehr lange oder kurze Arme oder Beine hat, wird oft Probleme haben, eine passende Maschine zu finden: Das gilt besonders für Maschinen wie Beinstrecker oder eine Curlmaschine, bei der das Drehgelenk auf Höhe des Knies oder der Ellbogen liegen sollte, um einen natürlichen Bewegungsablauf zu ermöglichen. Aber auch bei einer Schulterpresse kann die Startposition zu niedrig sein oder eine Brustpresse zu früh die ROM begrenzen.

 

Freihanteln: Pro & Contra

Aber auch das Training mit Freihanteln bietet durchaus Vorteile, die man nicht außer Acht lassen sollte.

 

Der wohl einleuchtendeste davon ist der bessere Übertrag auf andere Sportarten. Logischerweise gilt das besonders für Kraftsportarten, bei denen auch im Wettkampf (Lang-)Hanteln eingesetzt werden, wie Gewichtheben, Kraftdreikampf oder Strongman. Wenn dein Sport darin besteht, möglichst hohe Gewichte im Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben zu bewältigen, macht es dementsprechend auch Sinn, diese Übungen zu trainieren, statt nur Bein- und Brustpresse auszuführen. Aber auch der Übertrag auf andere Sportarten, bei denen es nicht ausschließlich um Maximalkraft geht, ist höher als beim reinen Maschinentraining. Betrachtet man die bereits erwähnte Metastudie von Haugen und Kollegen, so stellt man fest, dass die Steigerung der athletischen Fähigkeiten zwar auch getestet wurde und das Ergebnis lautete, dass auch hier die Unterschiede kaum feststellbar waren. Allerdings wurde hier als Kriterium die Sprunghöhe aus dem Stand gewählt. Schaut man sich aber an, wie z. B. die Belastung beim Ringen, American Football usw. in der Praxis ausfällt, dann stellt man fest, dass es hierbei nie um reine Kraft entlang eines bestimmten Vektors geht, sondern immer auch eine gewisse Instabilität ein Faktor ist, der von Freihanteln eher simuliert wird als von Maschinentraining.

 

Ein Bodybuilder führt Schulterdrücken mit Freihanteln aus, um sowohl Muskeln als auch funktionale Kraft aufzubauen.
Anders als beim Maschinentraining muss beim Einsatz von Freihanteln immer eine gewisse Instabilität ausgeglichen werden.

 

Hinzu kommt, dass bei einigen Freihantel-Übungen der Körper besser darin geschult wird, als ganzheitliche Einheit zu funktionieren, die intermuskuläre Koordination wird also verbessert. So ist beispielsweise zwar auch die Beinpresse eine Mehrgelenksübung (nicht jede Maschinenübung ist automatisch eine Iso!) aber wenn es etwa darum geht, einen Gegner anzuheben und zu werfen, ist die Kniebeuge trotzdem deutlich näher an der realen Belastung als die Beinpresse, weil auch der gesamte Oberkörper mit einbezogen wird. Ein Nebeneffekt davon ist auch, dass meist gleich noch Stützmuskeln wie Rückenstrecker und Bauchmuskeln mittrainiert werden.

 

Mit derselben Begründung kann man auch argumentieren, dass Freihanteltraining einen größeren Übertrag auf Alltagsbewegungen hat, weil es auch bei diesen keine Hilfestellung in Sachen Stabilität gibt. Auch wenn ich den Begriff nicht wirklich ausstehen kann, aber man könnte somit Freihantelübungen als “funktionaler” bezeichnen.

 

Die Nachteile von Freihanteltraining liegen eigentlich auf der Hand. Das wohl größte Problem ist, dass das Training mit freien Gewichten deutlich gefährlicher ist als das Training an Maschinen. Wie bereits bei den Vorteilen von Maschinentraining erläutert, wird ein Fehler beim Umgang mit einer voll beladenen Hantel meist sehr viel ernstere Konsequenzen nach sich ziehen als bei der Verwendung eines Geräts. Ansonsten sind Freihanteln auch deutlich umständlicher im Handling. Jeder, der mal ohne entsprechende Gerätschaften wie einem Deadlift-Jack die fünfte Scheibe auf eine am Boden liegende Stange wuchten musste, weiß, wovon ich rede.

 

Fazit zum Thema Freihanteln vs. Maschinentraining

Auch wenn es sich 2024 eigentlich bereits rumgesprochen haben sollte: Lass dir nicht weismachen, dass eine der beiden Trainingsweisen der anderen haushoch überlegen wäre. Das stimmt einfach nicht!

 

Natürlich gibt es durchaus Unterschiede zwischen Maschinen- und Freihanteltraining und beide haben jeweils ihre eigenen Vor- und Nachteile. Maschinentraining ist in der Regel sicherer, einfacher zu erlernen und man kann einzelne Muskeln besser isolieren, während Freihanteltraining einen besseren Übertrag auf Alltag und andere Sportarten bietet. Und wenn ihr eine Sportart ausübt, bei denen auch im Wettkampf Langhanteln verwendet werden, dann erübrigt sich die Frage, mit was man eher trainieren sollte, ja ohnehin. Geht es euch aber, was für die meisten gelten dürfte, einfach darum, Muskeln aufzubauen, besser auszusehen, fit zu bleiben und stärker zu werden, dann ist es eigentlich egal, ob ihr das mit Geräten oder Freihanteln erreichen wollt. Letzten Ende ist es schlicht eine Frage der persönlichen Präferenz.

 

Aber wieso eigentlich nicht gleich Freihantel- und Maschinentraining? Somit hättest du die Vorzüge von beiden und zudem mehr Abwechslung im Training. Ich sehe jedenfalls keinen Sinn dahinter, bei dieser Frage zu dogmatisch eingestellt zu sein und sich damit selbst zu beschränken. Aber was ist mit dir? Wie siehst du das? Bist du eher Team Freihantel- oder Maschinentraining? Verrate es uns gern im Forum!

 

Quellen:

  1. Schwanbeck et al. (2020): Effects of Training With Free Weights Versus Machines on Muscle Mass, Strength, Free Testosterone, and Free Cortisol Levels
  2. Haugen et al. (2023): Effect of free-weight vs. machine-based strength training on maximal strength, hypertrophy and jump performance – a systematic review and meta-analysis
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