Vegane Ernährung ist populärer als je zuvor und weit mehr als nur ein kurzlebiger Trend. Ob aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen, mehr und mehr Menschen ernähren sich inzwischen rein pflanzlich und es sieht nicht danach aus, als ob sich das in absehbarer Zukunft ändern würde. Auch in der Fitnessszene ist Veganismus inzwischen weit verbreitet. Und natürlich haben auch die Hersteller darauf reagiert und vegane Alternativen in ihre Sortimente aufgenommen. Aber sind vegane Proteinkonzentrate auch genauso gut wie tierische Eiweißquellen? Eine neue Metaanalyse hat das untersucht.
Wie sich inzwischen herumgesprochen haben dürfte, spielt Protein eine entscheidende Rolle beim Aufbau von Muskulatur, schließlich bildet Eiweiß den Baustoff, aus dem unsere Muskeln bestehen. So wird der Prozess, bei dem Muskelmasse aufgebaut wird, in der Fachsprache auch als Proteinsynthese bezeichnet, weil hierbei Nahrungsprotein in Muskelgewebe umgewandelt wird.
Aber Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß. Entscheidend ist hierbei auch das Aminosäureprofil des aufgenommenen Proteins. Ganz allgemein sind hier tierische Proteine im Vorteil, da diese ein vorteilhafteres Aminosäurenprofil aufweisen und deshalb vom Körper besser verwertet werden können. Dazu zählen neben Fleisch auch Eier und Milchprodukte. Als Goldstandard gilt hierbei das aus Molke gewonnene Protein, im Englischen Whey genannt, das mit einem Wert von 104 die höchste Bioverfügbarkeit aller bekannten Proteinsorten überhaupt aufweist.
Aber auch in pflanzlicher Nahrung findet sich Protein, insbesondere in diversen Bohnenpflanzen wie Soja-, Mungo-, Acker- oder Kidneybohnen, aber auch Erbsen, Linsen und diversen Algensorten. Somit lässt sich auch mit rein veganer Ernährung der Proteinbedarf durchaus decken. Aber kann man damit auch genauso gut Muskeln aufbauen wie mit dem Eiweiß aus tierischen Quellen? Genau das haben Bricia Mendes und Kollegen in einer Metaanalyse untersucht, die erst vor kurzem als Preprint (also noch nicht unabhängig überprüft) erschienen ist und die wir uns in diesem Beitrag einmal ansehen wollen!
Die Studie
In der erwähnten Metaanalyse (1) war die Fragestellung, wie sich die unterschiedlichen Proteinquellen auf die Muskelproteinsynthese bei gesunden Erwachsenen zwischen 18 und 85 Jahren ausgewirkt haben. Es wurde also nicht der langfristige Effekt auf tatsächlichen Muskelaufbau gemessen, sondern lediglich die direkte Auswirkung auf die messbaren Kennzahlen der Proteinsynthese. Da hier allerdings ein direkter Zusammenhang besteht, kann man davon ausgehen, dass ein positiver Effekt auf die Proteinsynthese auch tatsächlich in besserem Muskelaufbau resultiert.
Untersucht wurden dazu insgesamt 71 Einzelstudien, von denen am Ende 12 die Qualitätskriterien der Autoren erfüllten und in die Metaanalyse aufgenommen wurde. Die tierischen Proteinquellen in diesen Studien umfassten Milchprotein, Whey, Casein und Hühnchenfleisch, während bei den pflanzlichen Quellen Protein aus Weizen, Kartoffeln, Erbsen, Soja, Mais und gemischte Konzentrate verwendet wurden.
Die Ergebnisse
Von den 12 untersuchten Studien zeigten 10 eine stärkere Muskelproteinsynthese, wenn tierisches Protein konsumiert wurde. Eine weitere Studie war in Sachen Ergebnis recht neutral und nur eine einzige (2) zeigte ein besseres Resultat für das pflanzliche Protein. Folgerichtig war auch das bereinigte Gesamtergebnis der Analyse, dass tierische Proteine insgesamt etwas besser abschnitten.
Interessant dabei war aber, dass die Abweichung stark vom Alter der Probanden abhängig war. So zeigte sich bei jüngeren Studienteilnehmern kaum ein relevanter Unterschied, während dieser bei Probanden über 65 Jahren wesentlich prägnanter war.

Woran liegt das?
Das Hauptargument, warum tierisches Protein im Allgemeinen als effektiver gilt, liegt hauptsächlich am prozentual höheren Anteil an Leucin in tierischen Eiweißquellen. Leucin, welches zu den BCAAs (Branch chained amino acids) gehört, gilt als der Trigger der Proteinsynthese und ist deshalb die vielleicht wichtigste Aminosäure überhaupt, wenn es um Muskelaufbau geht. Wenn man sich die einzelnen Studien genauer anschaut, dann war die Menge an Leucin je Gabe auch bei den tierischen Eiweißquellen durch die Bank höher, nur bei der Studie von Monteyne und Kollegen (2) war die Menge an Leucin identisch. Allerdings war hier auch die Gesamtmenge an Protein bei der pflanzlichen Quelle höher als bei der tierischen. Dies war im Übrigen auch die einzige Studie, die einen Vorteil bei pflanzlichem Protein feststellen konnte.
Das erklärt auch den Einfluss des Alters auf das Ergebnis. Es wurde schon länger vermutet, dass ältere Personen eine höhere Menge an Leucin benötigen, um die Muskelproteinsynthese auszulösen bzw. zu maximieren im Vergleich zu jüngeren Menschen.
Was man bedenken sollte
Allerdings ist auch diese Metaanalyse, obgleich insgesamt gut designed, nicht ganz frei von Schwächen. So ist die Verwendung von einer Vielzahl verschiedener Proteinsorten nicht ganz ideal, da auch bereits zwischen diesen Abstufungen bestehen. So ist Whey-Protein, wie eingangs beschrieben, vermutlich die hochwertigste Proteinquelle überhaupt und als solche auch anderen tierischen Quellen wie Milchprotein und Casein überlegen. Ähnlich verhält es sich auch bei den pflanzlichen Quellen. Erbsenprotein weist beispielsweise ein besseres Aminosäurenprofil auf als Weizenprotein. Je nachdem, welche Proteinsorten konkret verglichen werden, könnten die Abweichungen somit stärker oder schwächer auftreten. Wenn man die einzelnen Studien aber genauer betrachtet, kann man zumindest sagen, dass der allgemeine Trend zu Gunsten von tierischem Protein trotzdem Bestand haben würde.

Auch dass lediglich die Proteinsynthese und nicht der tatsächliche Muskelaufbau untersucht wurde, lässt noch Fragen offen. So ist Leucin zwar entscheidend für die Proteinsynthese, allerdings spielen die anderen Aminosäuren eine größere Rolle, wenn es darum geht, tatsächlich aus Nahrungseiweiß Muskelprotein zu erstellen. Um mal eine Metapher zu bemühen, ist das so, als würde man nur schauen, ob die Arbeiter auf der Baustelle erscheinen, aber nicht, ob sie auch wirklich arbeiten. Allerdings muss man an dieser Stelle auch sagen, dass die sonstigen Abweichungen im Aminosäurenprofil nicht allzu gravierend sind und der Körper notfalls aus den 8 essenziellen Aminosäuren auch jederzeit andere selbst synthetisieren kann, wenn das notwendig wäre. Ob die kleinen Unterschiede im Aminosäurenprofil in der Praxis also wirklich relevant sind, darf bezweifelt werden.
Alles in allem sind diese Kritikpunkte jedenfalls nicht kriegsentscheidend und schmälern die Aussagekraft der Analyse nur marginal.
Schlussfolgerung
Ja, tierische Eiweißquellen sind tatsächlich etwas besser als pflanzliche, wenn es um Muskelaufbau geht. Allerdings muss man dazu sagen, dass der Unterschied nicht so groß ist, wie manchmal behauptet und in der Praxis dürfte es überhaupt nur für ältere Menschen von Relevanz sein. Und auch dann lässt sich das ausgleichen, indem einfach insgesamt etwas mehr pflanzliches Protein konsumiert wird, wie wir bereits in unserem Artikel zur optimalen Proteinmenge empfohlen hatten.
Als Veganer könnte man die Studie somit auch etwas positiver interpretieren, und zwar dass pflanzliches Protein annähernd so effektiv ist wie tierisches und es für die meisten Personen nicht mal einen erkennbaren Unterschied macht, welche Art sie konsumieren.
Notorische Gegner einer veganen Ernährung werden die Ergebnisse zwar erst einmal als Bestätigung sehen, tatsächlich wird ihnen aber eher ein wenig der Wind aus den Segeln genommen, eben weil der Unterschied nur minimal ist und jederzeit durch eine minimal höhere Dosis ausgeglichen werden kann. Dass veganes Bodybuilding jedenfalls nicht funktionieren kann, ist definitiv haltlos, auch wenn – und auch daran ändert sich nichts – eine rein pflanzliche Ernährung nach wie vor etwas mehr Fachwissen erfordert, um Nährstoffmängel auszuschließen.
Ernährt ihr euch vegan oder vegetarisches und was sind eure Erfahrungen damit? Sagt es uns hier!
Quellen
- Mendes et al. (2025): Effects of plant- versus animal-based proteins on muscle protein synthesis: A systematic review with meta-analysis
- Monteyne et al. (2020): Mycoprotein ingestion stimulates protein synthesis rates to a greater extent than milk protein in rested and exercised skeletal muscle of healthy young men: a randomized controlled trial