Nobody’s perfect. Was auch für so ziemlich alle anderen Bereich im Leben gilt, stimmt natürlich auch im Bodybuilding. Und so hat auch beinahe jeder, der trainiert, muskuläre Schwachstellen. Selbst unter den absoluten Topprofis findet sich kaum einer, der nicht die eine oder andere Muskelpartie hätte, die im Vergleich zu anderen etwas hinterherhinkt. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Sei es die Genetik, falsche Technik, Verletzungen oder dass bestimmte Muskeln einfach vernachlässigt wurden, weil die Prioritäten anders lagen oder man schlicht keine Lust hatte, wirklich jede Muskelpartie gleich intensiv zu trainieren.
Sei es, wie es ist, jedenfalls landen wir fast alle irgendwann an dem Punkt, an dem wir feststellen müssen, dass wir einem Bereich unseres Körpers besondere Aufmerksamkeit widmen sollten, um insgesamt optisch ausgeglichener zu wirken. Dies gilt insbesondere für Athleten, die irgendwann einmal auf die Bühne möchten, wo eine einzige schwach entwickelte Muskelpartie den Unterschied ausmachen kann, ob man mit einem schicken Blechpokal oder mit leeren Händen nach Hause fährt.
Aber wie stellt man das am besten an? Offenbar ist diese Frage nicht ganz so leicht zu beantworten, denn ansonsten würde man nicht immer wieder Personen sehen, die zwar ambitioniert und zielgerichtet trainieren, aber trotzdem noch eklatante Schwächen offenbaren. Deshalb wollen wir dir in diesem Artikel ein paar Tipps, Tricks und bewährte Vorgehensweisen an die Hand geben, die dir dabei helfen können, die widerspenstigen Muskeln doch noch zum Wachsen zu bringen.
Vorbemerkung zum Beseitigen von Schwachstellen
Zunächst sollte man dabei aber natürlich auch realistisch bleiben. Aus einer echten Schwäche eine Stärke zu machen ist – sofern der Grund nicht fehlendes Training dieser Partie ist – unheimlich schwer und oftmals auch schlicht unmöglich. Dies gilt besonders, wenn die genetische Veranlagung der Grund für die muskulären Schwachpunkte ist. Wenn du beispielsweise ungünstige Muskelansätze oder –formen oder eine suboptimale Knochenstruktur hast, dann wirst du in den betroffenen Bereichen nie den Look von jemanden erreichen können, der dahingehend mit einer herausragenden Genetik gesegnet ist. Wie bei anderen Sportarten spielt auch im Bodybuilding Talent (oder in diesem Fall die Genetik) eine herausragende Rolle und bestimmt, wer für die absolute Elite bestimmt ist und wer nicht.
Das heißt aber nicht, dass man deshalb gleich die Flinte ins Korn werfen sollte! Denn auch wenn man beispielsweise nie den Rücken eines Phil Heath aufbauen wird, so kann man doch in nahezu jedem Fall diese und andere Schwachstellen so weit verbessern, dass nicht mehr die gesamte Silhouette davon negativ beeinträchtigt wird.
5 Tipps, um muskuläre Schwachstellen zu beseitigen
Kommen wir nun also zum praktischen Teil des Beitrags: Was kannst du konkret tun, um effektiv an deinen Schwachstellen zu arbeiten?
Tipp 1: Frequenz erhöhen
Der erste, simpelste und eigentlich auch logischste Schritt, um eine Schwachstelle zu beseitigen, besteht darin, diese einfach öfter zu trainieren. Dein Bizeps wächst nicht, wenn du ihn einmal die Woche trainierst? Dann trainiere ihn zweimal oder sogar dreimal! Oder eben so oft, bis er endlich anfängt, zu wachsen. Besonders kleinere Muskeln regenerieren oft schneller als viele annehmen und deshalb gibt es meist kein besseres Mittel, als einen Muskel schlicht und einfach öfter zu trainieren.
Eine höhere Frequenz geht dabei meist auch mit einem höheren Volumen einher und Volumen ist nun mal einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Hypertrophie geht. Dabei ist eine höhere Frequenz aber eine wesentlich bessere Wahl als einfach nur das bestehende Volumen allgemein zu erhöhen. Wenn du z. B. an deinem Arm-Tag bereits drei Übungen für den Bizeps ausführt, dann wird es dir wenig bringen, noch eine vierte zu ergänzen, weil der Muskel nach den vorherigen Übungen ohnehin schon platt ist und zusätzliches Volumen in diesem Fall einfach nur Junk Volume wäre, das dir nichts bringt (außer verlängerten Regenerationszeiten). Verteilst du diese 4 Übungen jedoch auf die gesamte Woche, dann hast du nicht nur mehr Volumen, du startest jede Übung zudem mit einem erholten Muskel und setzt öfter einen Wachstumsreiz, als wenn du den Bizeps nur einmal in der Woche belastest.
Außer mit dem Einfügen zusätzlicher Übungen im Wochenplan lässt sich das Erhöhen der Frequenz übrigens auch durch eine Anpassung des Trainingsplans bewerkstelligen, um auf diesem Wege Überschneidungen zu schaffen. Ein Beispiel: Sagen wir, du trainierst einen Push/Pull/Beine-Split und die Arme sind deine Schwachstelle. Du kannst oder willst in deinen Plan aber keine zusätzlichen Übungen einbauen, weil deine Einheiten ohnehin schon lange genug sind. Dann wäre ein Ansatz, zum Beispiel auf einen Torso-/Extremitäten-Plan oder eine Brust-Rücken/Beine/Schultern-Arme-Einteilung zu wechseln. So würden deine Arme automatisch öfters belastet werden: einmal indirekt beim Brust- und Rückentraining und einmal direkt am Arm-Tag.
Ein anderer Weg wäre, den Schwachstellen einen zusätzlichen Tag zu widmen, sofern die Umstände es zulassen. In diesem Fall wäre das dann ein weiterer Arm-Tag, der zu deiner normalen Wochenplanung hinzugefügt wird. In jedem Fall ist das Erhöhen der Frequenz so ziemlich das effektivste Mittel, wenn es darum geht, störrische Muskeln wachsen zu lassen.
Tipp 2: Reihenfolge ändern
Oftmals sind es gerade die Muskeln, die am Ende einer Einheit trainiert werden, die sich nicht oder nur unzureichend entwickeln und zu Schwachstellen werden. Das Paradebeispiel dafür wären beispielsweise die Waden oder die hintere Schulter. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Man hat bereits diverse schwere Sätze hinter sich, die Energie und Lust lässt nach und man will eigentlich nur noch sein Training abschließen und endlich entspannen. Und dementsprechend fällt das Training dieser Muskeln auch aus. Man spult lustlos sein Programm ab (wenn überhaupt), hakt das Training ab und packt seine Sachen. Da ist es dann auch wenig verwunderlich, dass diese Muskeln nicht so ausgeprägt sind wie die, die man am Anfang seiner Einheit trainiert hat.
Deshalb lautet der zweite Tipp, um Schwachstellen zu beseitigen, diese an den Anfang des Trainings zu legen, wenn man noch voller Energie und Tatendrang steckt und die Leidensfähigkeit noch nicht auf die Probe gestellt wurde. Gerade bei den Waden konnten viele ihre Ergebnisse erheblich verbessern, wenn sie diese am Anfang ihres Trainings bearbeitet haben, statt nach x Sätzen anderer Beinübungen. Wer es also ernst meint mit der Bekämpfung muskulärer Schwächen, sollte dies unbedingt mal versuchen.
Ein wenig Vorsicht ist bei diesem Vorgehen allerdings geboten. Es hat ja schon einen Grund, warum man in der Regel erst die großen und erst im Anschluss die kleineren Muskeln trainiert. Erstens raubt man sich so natürlich auch etwas Energie, um die anderen Muskeln zu trainieren, und zweitens sind manche Muskeln auch am Training anderer beteiligt. Es kann also zu Krafteinbußen und damit zu geringerer Effektivität im weiteren Verlauf des Trainings kommen. Trainierst du z. B. deinen Bizeps mit unzähligen Sätzen, bevor du dein Rückentraining beginnst, dann wirst du im Anschluss zwangsläufig nicht mehr die gleichen Gewichte bewältigen, als wenn du zuerst den Rücken bearbeitet hättest. Das wiederum kann dazu führen, dass die Wirksamkeit des Rückentrainings deutlich gemindert wird. Man sollte hier also mit Bedacht vorgehen, um nicht durch die Beseitigung einer Schwachstelle eine neue zu schaffen. In Extremfällen kann auch mal die Verletzungsgefahr steigen, wenn man es übertreibt.
Tipp 3: Mind Muscle Connection verbessern
Oftmals sind es aber nicht das Volumen, die Frequenz oder die Reihenfolge, die dafür sorgen, dass ein Muskel sich nicht gut entwickelt, sondern eine unzureichende Technik. Besonders bei Muskeln, die sich nur schwer isoliert trainieren lassen, kann es vorkommen, dass man am Zielmuskel vorbeitrainiert. Ein typisches Beispiel wäre auch hier wieder das Rückentraining, denn viele Sportler arbeiten bei Zugübungen mehr mit den Armen oder der hinteren Schulter als etwa mit dem Latissimus, den Rhomboiden oder der Trapezmuskulatur.
Oder es werden bei Druckübungen für die Brust hauptsächlich die Schultern und der Trizeps beansprucht statt der Brustmuskulatur. Aber auch bei fast allen anderen Muskelgruppen kann es passieren, dass man diese beim Training nicht richtig trifft, auch wenn man eigentlich die richtigen Übungen ausführt, und dann hilft es auch wenig, einfach mehr oder schwerer zu trainieren.
In diesen Fällen ist es meist hilfreich, den Fokus weniger auf ein möglichst hohes Arbeitsgewicht, sondern viel mehr auf das Muskelgefühl zu richten, also sich bei der Ausführung auf den Zielmuskel zu konzentrieren, diesen bewusst zu spüren und arbeiten zu lassen. Mind Muscle Connection ist hier das Zauberwort und oftmals stellt die Verbesserung dieser einen echten Gamechanger dar, wenn es um die Beseitigung von Schwachstellen geht.
In der Praxis läuft dies fast immer darauf hinaus, dass eine Übung bewusst etwas langsamer und kontrollierter ausgeführt wird, jegliches Momentum oder Schwung herausgenommen und darauf geachtet wird, dass der Zielmuskel über den gesamten Bewegungsablauf unter Spannung bleibt. Am Punkt der maximalen Kontraktion wird meist kurz pausiert, um den Muskel noch mal bewusst anzuspannen und zu fühlen. Dies geht meist auch mit einer Reduzierung der Arbeitsgewichte einher. Das mag für viele erst mal abschreckend klingen, aber was bringt das höchste Gewicht auf der Stange, wenn nichts oder nur wenig davon bei dem Muskel ankommt, den man eigentlich trainieren möchte?
Manchmal ist aber auch das Gegenteil der Fall, und zwar, dass die Hilfsmuskeln bei Verbundübungen zu schwach sind und somit das Training des Zielmuskels limitieren. In diesem Fall kann es Sinn machen, mit Vorermüdung zu arbeiten, also den Zielmuskel vorab mit einer Isolationsübung zu belasten, bevor die eigentliche Übung ausgeführt wird. Das könnte z. B. eine fliegende Bewegung vor Bankdrücken oder der Beinstrecker vor Kniebeugen sein. Somit wird nicht nur verhindert, dass die schwächere Hilfsmuskulatur den Trainingseffekt des Zielmuskels negativ beeinträchtigt, es verbessert auch das Muskelgefühl und erhöht das Gesamtvolumen. Allerdings ist es auch bei diesem Verfahren meist notwendig, das Arbeitsgewicht zu reduzieren.
Tipp 4: Übungsauswahl überdenken
Auch die Auswahl der richtigen Übungen für die Trainingseinheiten kann dabei helfen, störrische Muskeln zum Wachsen zu bringen. Faktoren wie die individuellen Hebel, die Mobilität und die Ausprägung der bei einer Übung beteiligten Muskeln können dazu führen, dass Übungen, die für andere hervorragend funktionieren, bei dir nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen. Deshalb ist es auch schwer bis unmöglich, pauschale Empfehlungen zu den “besten” Übungen für eine Muskelgruppe abzugeben, weil nicht jeder auf eine bestimmte Übung gleich reagiert. So funktioniert für viele Flachbankdrücken super, wenn es darum geht, eine stattliche Brust aufzubauen, während andere damit hauptsächlich die vordere Schulter trainieren oder sogar Probleme und Verletzungen bekommen.
In solchen Fällen macht es Sinn, statt stur weiter auf diese Übungen zu setzen und zu hoffen, dass sich der Erfolg irgendwann einstellt, nach Alternativen zu suchen, die für dich besser geeignet sind. Statt Flachbankdrücken mit der Langhantel könntest du auch z. B. mal Schrägbankdrücken mit Kurzhanteln ausführen. Wenn bei Kniebeugen die Quads nicht wachsen, versucht doch mal Hackenschmidt-Kniebeugen oder die Beinpresse, um nur zwei Bespiele zu nennen. Es gibt grundsätzlich keine Muss-Übungen und für nahezu alles gibt es eine Alternative, die für dich unter Umständen besser geeignet ist und endlich die langersehnten Resultate bringt, die du mit der vermeintlich besseren Übung nicht erreichen konntest. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert, statt weiterhin die Übungen auszuführen, die dich bisher nicht weitergebracht haben.
Tipp 5: Die richtigen Leute fragen
Wenn eine Muskelpartie bei dir schwach ausgeprägt ist, wen fragst du dann nach Tipps, um diese aufzubauen? Jemanden, bei dem dieser Bereich besonders gut ausgeprägt ist, richtig? Falsch! Tatsächlich ist das sogar mit das Schlechteste, was du machen kannst. Warum? Wenn bei jemandem ein bestimmter Muskel extrem gut entwickelt ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass dies genetische Gründe hat. Und wenn die genetischen Voraussetzungen entsprechend sind, ist es nahezu egal, wie genau derjenige trainiert, seine Muskeln würden so oder so wachsen. Wenn dir so jemand dann also erklärt, man müsse nur Übung X ausführen, damit Muskel Y anfängt zu wachsen, dann heißt das noch lange nicht, dass dies auch für dich funktioniert. Es ist sogar eher unwahrscheinlich.
Ich selbst habe zum Beispiel sehr stark ausgeprägte Bauchmuskeln und werde deshalb oftmals gefragt, wie ich diese trainiere. Tatsächlich mache ich aber gerade einmal 3 Sätze Crunches die Woche, steigere mich dabei schon seit Jahren nicht mehr und lasse sie hin und wieder sogar ganz weg. Niemand, der gute Abs möchte, würde davon profitieren, seinen Bauch so zu trainieren wie ich. Da ich aber einfach von Natur aus in diesem Bereich gesegnet bin, ist es für mich einfach nicht nötig, hier mehr Zeit, Energie oder Finesse zu investieren, weil es ja auch so ausreicht. Nur ist sich eben nicht jeder bewusst, dass er seine Stärken weitestgehend seinen Genen zu verdanken hat und nicht seinem Trainingsplan oder einer bestimmten Übung. Und diese Personen neigen dann dazu, ihr eigenes Vorgehen als den Heiligen Gral zu verkaufen, weil es für sie offenbar hervorragend funktioniert.
Statt also jemanden nach Tipps für das Training der Brust zu fragen, bei dem diese super ausgeprägt ist, wäre es sinnvoller, diejenigen auszuquetschen, die selbst mal eine schwache Brust hatten und bei denen diese nun nicht mehr stark hinterherhinkt. Wie bereits eingangs beschrieben wird es meist sehr schwer sein, aus einer Schwäche eine Stärke zu machen. Aber eine Schwachstelle so zu bearbeiten, dass sie zumindest nicht mehr auffällt, ist schon ein großer Erfolg. Von Leuten, die das geschafft haben, erhält man deshalb in der Regel sinnvollere Tipps als von denen, die dieses Problem selbst nie hatten.
Zusammenfassung unserer Tipps zum Schwachstellen-Training
Zum Abschluss nun noch einmal unsere wichtigsten Tipps in der Zusammenfassung:
- Wenn ein Muskel nicht richtig wächst, sollte man diesen öfter trainieren und nicht einfach nur das Volumen pro Einheit erhöhen.
- Schwachstellen sollten nach Möglichkeit immer am Anfang einer Einheit trainiert werden, wann noch ausreichend Energie vorhanden ist. Dabei ist darauf zu achten, dass das übrige Training nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wird.
- Schwachstellen resultieren oft aus einer suboptimalen Technik bzw. dem übermäßigen Einsatz von Hilfsmuskeln. Eine Verbesserung der Mind Muscle Connection und ein Training, bei dem das Muskelgefühl im Fokus steht, kann hier meist Abhilfe verschaffen.
- Übungen funktionieren aufgrund individueller Voraussetzungen nicht für jeden gleich gut. Erbringt eine Übung nicht den gewünschten Erfolg, sollte man nach Alternativen suchen und die Übungen austauschen.
- Die besten Tipps zur Bekämpfung von Schwachstellen erhält man nicht von Personen, bei denen diese Muskeln eine Stärke sind, sondern von denen, die das gleiche Problem hatten und es erfolgreich beseitigen oder mindern konnten.
Ich hoffe, du konntest aus diesem Artikel etwas mitnehmen und er hilft dir dabei, deine Schwachstellen zu beseitigen.
Wo liegen oder lagen deine muskulären Schwachstellen und hast du eine Möglichkeit gefunden, sie zu beseitigen? Teile hier deine persönlichen Erfahrungen, Tipps und Ratschläge!