Die Pittsburgh Pro gehört schon seit Langem zu den interessantesten Events des Jahres. Das liegt aber weniger am eigentlichen Wettkampf, bei dem es bisher nicht mal Men’s Open als Kategorie zu sehen gab, sondern am inzwischen traditionellen Guest Posing der aktuellen Elite des Bodybuildings. Hier zeigen die Stars der Szene üblicherweise ihre Offseason-Form, präsentieren ihre Fortschritte und geben einen Ausblick auf den bevorstehenden Mr. Olympia.
Doch dieses Jahr ist etwas anders als bisher. Zwar werden auch in diesem Jahr einige der stärksten Athleten der Welt auf der Bühne zu sehen sein, allerdings nicht im Rahmen eines Guest Posings, sondern in Wettkampfform und in einem echten Contest.
Und das Line-Up ist schlicht und ergreifend spektakulär. Nachdem es lange nach einem Zweikampf zwischen Nick Walker und Martin Fitzwater aussah, haben sich in den folgenden Monaten noch zahlreiche weitere Topathleten angemeldet, darunter auch der frisch gebackene Champion der Arnold Classic und ehemalige Mr. Olympia Derek Lunsford. Das Teilnehmerfeld ist inzwischen so beeindruckend, dass die Pittsburgh Pro sogar der Arnold Classic den Rang ablaufen und zur zweitwichtigsten Show des Jahres avancieren könnte. Zeit für uns, eine Prognose abzugeben.
Die Teilnehmer
Eine endgültige Teilnehmerliste ist auch rund eine Woche vor dem Event noch nicht zu finden und es werden noch immer neue Namen genannt, die sich spontan für einen Start in Pittsburgh entscheiden könnten, darunter zum Beispiel auch Andrew Jacked. Aber um nicht zu sehr spekulieren zu müssen, konzentrieren wir uns auf die Athleten, die bereits bestätigt wurden oder ihren Start zumindest offiziell verkündet haben.
Davon ausgehend sieht die Teilnehmerliste aktuell wie folgt aus:
- William Bonac
- Michal “Krizo” Krizanek
- Leandro Peres
- Martin Fitzwater
- James Hollingshead
- Eric Wood
- Nick Walker
- Vitaly “Good Vito” Ugolnikov
- Derek Lunsford
- Justin Musiol
Kommen wir erst einmal zu den Athleten, die eher unter ferner liefen rangieren werden. Nahezu chancenlos dürfte Eric Wood sein, dessen letzter Auftritt ein 9. Platz bei der Tampa Pro 2024 war. Eric ist zwar ein durchaus solider Athlet, dürfte gegen die Topathleten allerdings keinen Stich sehen.
Schon deutlich mehr Potenzial hat Leandro Peres, der bei der Arnold Classic Brasil, wo er Zweiter wurde, mit seiner Masse durchaus Eindruck hinterlassen konnte gegen Good Vito, aber letztlich chancenlos war.
Auch James Hollingshead ist an sich kein schlechter Bodybuilder, wie man zuletzt bei der Arnold Classic dieses Jahr sehen konnte. Aber zu den echten Heavy Hittern fehlt es ihm an Details und Masse, weshalb auch er in Pittsburgh eher im hinteren Teil des Felds landen dürfte.
Selbiges dürfte leider auch für Justin Musiol gelten. Dieser präsentierte sich auf der FIBO zwar in hervorragender Form und war laut Tyler Manion sogar der Athlet mit dem besten Conditioning, wenn man sich aber die Namen anschaut, die ab jetzt folgen, dann wäre es schon geradezu eine Sensation, wenn Justin auch nur einen davon schlagen könnte. Trotzdem macht es natürlich Sinn, sich bei einer so hochkarätigen Show zu zeigen und weiter an seiner Bekanntheit in den USA zu arbeiten.
Nachdem wir das nun besprochen hätten, kommen wir zu unserer Prognose für die Plätze 1 bis 6:
Platz 6: William Bonac
Was diese Platzierung angeht, bin ich mir doch recht unsicher und William könnte sich durchaus noch ein, zwei Plätze weiter nach vorne schieben. Immerhin sprechen wir hier von einem zweifachen Sieger der Arnold Classic und einem Zweitplatzierten beim Mr Olympia 2019. Zudem konnte William in diesem Jahr auch schon die Detroit Pro gewinnen und brachte dabei eine Form, die viele ihm nicht mehr zugetraut hätten und die an seine besten Zeiten erinnerte. Aber eine Dysbalance im Rückenbereich und seine blockige Statur lassen mich dann daran zweifeln, dass er die strukturell besser aufgestellten Athleten vor ihm schlagen kann.

Platz 5: Krizo
Es sagt viel über die Qualität des Line-Ups, wenn ein Michal Krizo nur den 5. Platz einnimmt. Das slowakische Monster erholte sich erstaunlich schnell von seiner Schulteroperation im vergangenen Jahr und präsentiert sich auf Instagram inzwischen wieder massiv wie eh und je. Zudem scheint seine Form schon jetzt absolut brutal zu sein und vieles spricht dafür, dass wir sogar den besten Krizo aller Zeiten zu sehen bekommen. Interessant wird auch der Vergleich mit Nick Walker, bei dem es darum geht, wer aktuell die besten Arme in der IFBB hat. Entscheidend für seine Platzierung wird aber werden, ob er sein Posing, seinen Rücken und seine Glutes verbessern konnte, die bisher zu seinen Schwächen zählten.

Platz 4: Good Vito
Mit Vitaly Ugolnikov (aka “Good Vito”) wird auch einer der vielversprechendsten Newcomer der Szene am Start sein. Die Qualifikation für den Mr Olympia hat dieser bereits in der Tasche, nachdem er die Arnold Classic Brasil einigermaßen problemlos gewinnen konnte. Vito hat die besten Beine im Feld, vermutlich sogar die aktuell besten in der ganzen IFBB, dazu auch sehr gute Arme und eine herausragende X-Form. In den Frontposen kann er deshalb mit nahezu jedem mithalten. Was ihn aber vermutlich von der Top 3 trennen wird, ist sein etwas schwächerer Rücken, besonders in der Back Double Biceps und sein verbesserungswürdiges Posing. Es wird auf jeden Fall spannend zu sehen, wie Vito sich gegen die Topathleten schlägt, da er aktuell als das größte Talent im Bodybuilding gilt.

Platz 3: Martin Fitzwater
2024 war für Martin ein herausragendes Jahr. Nach einer über einjährigen Offseason meldete er sich zunächst mit einem Sieg bei der Detroit Pro zurück, bei der er einen sehr starken Good Vito besiegen konnte. Anschließend setzte er Nick Walker bei der New York Pro gewaltig unter Druck und hätte nach Meinung vieler damals sogar gewinnen müssen. Beim Mr. Olympia erkämpfte sich Martin einen hervorragenden 4. Platz, schlug dabei unter anderem Andrew Jacked und wurde sogar dem Titelverteidiger Derek Lunsford im Kampf um Platz 3 überraschend gefährlich. Abgerundet wurde das Jahr durch seinen Sieg bei der Prag Pro, bei der er unter anderem Chris Bumstead schlagen und sich somit bereits frühzeitig die Qualifikation für den Mr. Olympia sichern konnte.
Martins größte Stärke ist, dass er eigentlich keine Schwäche hat. Jede Körperpartie ist gut entwickelt und auch seine Linie ist durchaus ansprechend. Zudem ist Martin auch immer, wenn es darauf ankommt, in hervorragender Form. Deshalb kann es auch durchaus sein, dass Martin sich sogar noch weiter vorne platzieren könnte.

Platz 2: Nick Walker
Im Gegensatz zu Martin Fitzwater war 2024 für Nick ein Jahr zum Vergessen. Nachdem er bereits den Mr Olympia 2023 wegen einer Verletzung aussetzen musste, wollte Nick letztes Jahr eigentlich wieder richtig angreifen. Aber nachdem er sich bei der New York Pro überraschend angreifbar präsentiert hatte, musste er auch 2024 den Olympia absagen, weil sein Körper einfach nicht mehr mitgemacht hatte. Kurz darauf trennte er sich von seinem langjährigen Trainier Matt Janssen, der nicht mehr mit dem Herzen bei der Sache zu sein schien und deshalb wohl auch eine Mitschuld an Nicks verkorkstem Jahr hatte.
Warum habe ich Nick trotzdem auf dem zweiten Platz? Erst einmal sollte man nicht vergessen, dass Nick in Topform nach wie vor einer der spektakulärsten Athleten der Welt ist und mit Sicherheit der größte Freak unter den Top Pros. Brutales Conditioning, Masse bis zum Abwinken, ein starker Rücken und die vielleicht besten Arme dieser Ära machen ihn bei eigentlich jedem Event zu einem der Favoriten.
Und wenn man seine Formupdates in den sozialen Medien anschaut, so sieht es stark danach aus, als hätte Nick nicht nur zu alter Form zurückgefunden, sondern konnte vielleicht sogar seine Beine verbessern, die in den Frontposen bisher immer etwas abfielen gegenüber dem großartigen Oberkörper. Ob das stimmt, sehen wir in einer Woche. Falls ja, sollte es für den zweiten Platz reichen. Falls nicht, könnte seine Karriere ernsthaften Schaden nehmen und Martin Fitzwater ihm den Rang ablaufen.

Platz 1: Derek Lunsford
Auch für Derek Lunsford verlief das Jahr 2024 sicher nicht, wie er es sich erhofft hatte. Zum Mr Olympia reiste er als haushoher Favorit, nur um dann nicht nur seinen Titel zu verlieren, sondern sogar nur auf dem dritten Platz zu landen. Und selbst diesen hätte er um ein Haar an Martin Fitzwater verlieren können. Zudem beendete auch noch sein Trainer Hany Rambod seine Karriere. Also der Mann, der als bester Coach der Welt galt und Derek zu Mr Olympia-Titeln in zwei Klassen geführt hatte.
Aber mit seinem Sieg bei der Arnold Classic im Frühjahr konnte sich Derek nicht nur rehabilitieren, er schaffte auch etwas, dass es in der Geschichte des Bodybuildings zuvor erst ein Mal gegeben hatte. Und zwar konnte er mit Samson Dauda einen amtierenden Mr. Olympia außerhalb des Olympia selbst schlagen.
Und das auch völlig verdient. Dass Derek einen der besten Rücken aller Zeiten hat und dazu strukturell gesegnet ist wie kaum ein anderer Bodybuilder, ist nichts Neues und ermöglicht es ihm, prinzipiell jede Show zu gewinnen, an der er teilnimmt. Allerdings ist Derek stärker als viele seiner Konkurrenten darauf angewiesen, perfekt zu peaken, da er ansonsten in den Frontposen im Oberkörper zu weich wirkt. Aber bei der Arnold Classic war seine Form vielleicht besser als je zuvor, seit er in die Men’s Open gewechselt ist. Gleichzeitig wirkte er aber auch voller als zuletzt und konnte seine Stärke somit deutlich besser zur Geltung bringen und seine Schwächen kaschieren.
Schafft er das auch in Pittsburgh, dürfte er auch hier als Sieger von der Bühne gehen.

Classic Physique
Zum Abschluss unserer Vorschau müssen wir natürlich auch noch die Classic Physique ansprechen, die bei der Pittsburgh Pro ebenfalls einiges zu bieten hat.
Für die größte Aufmerksamkeit dürfte natürlich das Comeback von Terrence Ruffin, besser bekannt als “Ruff Diesel” sorgen. Terrence konnte bereits zweimal die Arnold Classic gewinnen und war auch zweimal Zweiter beim Mr Olympia, was ihn zu einem der erfolgreichsten Athleten in der Classic Physique macht. Zudem ist er auch der mit Abstand beste Poser im aktuellen Bodybuilding, nicht nur in der Classic Physique.
Seit seinem letzten Auftritt bei der Sheru Classic Ende 2023 hat Terrence trotz Quali für den Mr Olympia 2024 keinen Wettkampf mehr bestritten, sondern konzentrierte sich ausschließlich darauf, Masse aufzubauen und das Gewichtslimit seiner Klasse komplett auszufüllen. Und wenn man sich seine Updates auf Instagram ansieht, dürfte ihm das auch gelungen sein.

Dort präsentierte er sich zuletzt mit gewohnt schmaler Taille, tollem Rücken und vollen, geschwungenen Quads, dazu aber auch mit verbesserten Armen und insgesamt mehr Muskulatur. Trifft er die Form, dürfte es an Terrence in Pittsburgh kein Vorbeikommen geben.
Seine stärksten Konkurrenten an diesem Abend dürften der junge Spanier Jose Manuel Munoz (aka “Josema Beast”) und der für seine Härte bekannte Michael Daboul sein. Beide waren beim Mr Olympia in der Top 10 und sollten deshalb keinesfalls unterschätzt werden. Also ideale Gegner für eine Standortbestimmung in der Klasse.
Man darf also gespannt sein, wie Terrence sich präsentieren wird.
Was meinst du, wie wird die Pittsburgh Pro dieses Jahr ausgehen und bist du auch schon gespannt? Diskutiere mit in unserem Thread zur Pittsburgh Pro 2025!