Der richtige Kraftsport für dich

Wer schon ein paar Jahre am Eisen ist und die Sache halbwegs ambitioniert betreibt, der wird irgendwann vielleicht in die Situation kommen, dass es ihm nicht mehr reicht, einfach nur schnödes „Fitness“ zu machen wie all die anderen NPCs. Also anstatt weiterhin einfach nur einer von Millionen Studiobesuchern zu sein und stumpf das Programm durchzuziehen, das das Studiopersonal aus der Men’s Health kopiert hat, suchst du nach einer neuen Herausforderung, damit du die Frage, was du sportlich so machst, mit etwas Coolerem beantworten kannst als „bisschen Fitti halt“.

 

Es wird Zeit für etwas Spezielleres. Aber die Auswahlmöglichkeiten sind mannigfaltig und für Quereinsteiger manchmal auch etwas verwirrend. Aber keine Sorge, die Lounge steht dir wie immer mit Rat und Tat zur Seite und hilft dir, den richtigen Kraftsport zu finden!

 

(Lange Texte erschöpfen dich mehr als das Ziehen von LKWs oder das Jonglieren mit Kurzhanteln? Dann schau dir doch einfach unser unten verlinktes Video an!)

 

 

1. Bodybuilding

Der naheliegendste Schritt wäre natürlich Bodybuilding, weil sich das in Grundzügen ohnehin kaum von dem unterscheidet, was du ohnehin schon treibst, nur eben extremer. Im Bodybuilding geht es darum, den Körper nach einem Ideal zu formen, das möglichst weit vom Schönheitsideal der Durchschnittsbevölkerung abweicht. Wenn deine Mama also sagt, dass es „langsam nicht mehr schön“ wäre, kleine Kinder bei deinem Anblick anfangen zu weinen und deine Venenzeichnung an einen erigierten Penis erinnert, dann bist du schon mal auf einem guten Weg.

 

Einer der Vorteile von Bodybuilding ist, dass du immer sagen kannst, du wärst in einer Massephase, wenn deine Körperkomposition aktuell etwas, sagen wir mal, marshmallowesk erscheint. Allerdings funktioniert diese Ausrede leider nicht unbegrenzt, da im Bodybuilding zumindest auch hin und wieder Definitionsphasen bzw. Diäten dazugehören. Und da Bodybuilding ein Wettkampfsport ist, solltest du zumindest einmal in deinem Leben auf einer Bühne gestanden haben, um dich wirklich als Bodybuilder bezeichnen zu dürfen. Das bedeutet in der Praxis, dass du dich ein paar Monate lang ausschließlich von Sachen ernährst, die in etwa so appetitlich sind wie Styropor, und dazu zumindest hin und wieder Posing üben solltest, was sich überraschenderweise in Sachen Anstrengungs- und Schwierigkeitsgrad zu deinem Umkleiden-Geflexe verhält wie eine Fahrradtour zum Bäcker zur Tour de France.

 

Ein Bodybuilder curlt vor dem Spiegel - selbstverständlich ausschließlich, um die korrekte Ausführung der Übung zu überprüfen.
Bizepscurls vor dem Spiegel waren eh schon immer deine Lieblingsübung? Dann könnte Bodybuilding etwas für dich sein.

 

Wenn du bei Gewichten ins Grinden kommst, mit denen du dich zuvor noch entspannt warmgemacht hast und du aussiehst, als könnte man dich auch bei „Körperwelten“ ausstellen, dann bist du endlich bereit für deinen Auftritt. Dann stehst du mit 70 Schichten Farbe und Öl angepinselt im knappen Slip auf der Bühne und posierst dir die Seele aus dem Leib, während du aufgrund der Mischung aus Schweiß und Posingtan, der dir in die Augen läuft, zunehmend deine Sehkraft verlierst. Und wenn du Glück hast, ist keiner deiner Konkurrenten ein bekannter Influencer oder hat einen Trainer, der mit einem Jurymitglied befreundet ist, und du gewinnst am Ende tatsächlich einen Plastikpokal für 15 € und einen Beutel Whey. Bis dahin hast du zwar bereits dein halbes Jahreseinkommen für Coach, Supplements, Reisekosten, Tanningservice und einen Slip ausgegeben, der mehr kostet als ein Brioni-Anzug, aber dafür machen sich die Wettkampfbilder super in deiner Insta-Bio.

 

Für den Einstieg kannst du erst einmal Natural Bodybuilding oder gar Men’s Physique machen, was den Vorteil hat, dass du auch weiterhin den Legday skippen kannst. Aber wenn du es wirklich ernst meinst und ein „richtiger“ Bodybuilder werden willst, dann machst du einfach die WADA-Liste zu deinem Supplementplan und freundest dich schon mal mit dem Gedanken an, mehr Einstiche als ein Mettigel zu bekommen.

 

2. Powerlifting

Vielleicht ist dir aber auch gar nicht so wichtig, ob man dir ansieht, dass du trainierst, sondern du möchtest ganz einfach nur Gewichte bewegen, die bei anderen schon beim Zuschauen Bandscheibenvorfälle auslösen. Dann wäre Powerlifting vielleicht der richtige Kraftsport für dich. Und wer braucht schon unzählige exotische Übungen, wenn drei doch völlig ausreichen? Konkret wären das unter anderem Kniebeugen und Kreuzheben, was bedeutet, dass für dich ab jetzt jeder Tag Legday ist. Aber immerhin darfst du dafür auch sehr oft Bankdrücken, die dritte Pflichtübung im Powerlifting.

 

Powerlifting ist eine Kraftsport-Art, die sich auf die Übungen Bankdrücken, Kreuzheben und Kniebeugen beschränkt.
Als Powerlifter musst du dich endlich nicht mehr rechtfertigen, warum du an 5 von 5 Trainingstagen auf der Bank liegst. Nachteil: Du kommst um Kreuzheben und Kniebeugen jetzt auch nicht mehr herum.

 

In Sachen Ernährung ist Powerlifting recht simpel: Bist du ein Schwergewicht, besteht dein Ernährungsplan aus grundsätzlich allem, was nicht giftig ist oder um Hilfe schreien kann, wenn du hineinbeißt, und bist du in einer der unteren Gewichtsklassen angesiedelt, kannst du auch weiterhin essen wie ein Laufstegmodel bei der Fashion Week.

 

Ein Nachteil im Powerlifting ist, dass deine Einheiten zum Teil über Stunden gehen. Allerdings liegt das nicht daran, dass du besonders viele Sätze oder Übungen machst, sondern daran, dass deine Satzpausen lange genug sind, um zwischendrin ein Nickerchen zu halten oder die Herr der Ringe-Trilogie durchzubingen. Deshalb machst du dich in einem kommerziellen Studio auch nicht unbedingt beliebt, weil deine Anwesenheit bedeutet, dass das Squatrack für den Rest des Tages de facto außer Betrieb ist.

 

Aber wenn du dann tatsächlich mal einen Satz machst, pausieren zumindest alle anderen Besucher ihre eigenen Sätze, um zu sehen, ob du die 40 Scheiben je Seite tatsächlich bewältigst oder zusammenklappst wie ein Ikea-Regal. Und wenn du es dann schaffst, nicken dir selbst die massivsten Bodybuilder noch anerkennend zu und überlassen dir freiwillig ihre 20-kg-Scheiben.

 

3. Strongman

Strongman ist so etwas wie die nächste Evolutionsstufe des Powerlifters, allerdings musst du dafür auch schon von Haus aus gewisse Voraussetzungen mitbringen. Wenn du also bereits bei deiner Geburt in etwa so viel gewogen hast wie deine Mutter, dein Lieblingsspielzeug ein Zementblock war und du mit 4 Jahren angefangen hast, deinen Eltern zu sagen, wann sie ins Bett müssen, dann bist du prädestiniert für diesen Sport.

 

Grundsätzlich ähnelt Strongman dem Powerlifting, denn auch hier geht es darum, möglichst schwere Gewichte zu bewegen. Aber außer Hanteln benutzt du als Strongman auch so ziemlich jeden anderen Gegenstand, der sackschwer, aber grundsätzlich noch bewegbar ist. Und manchmal auch Sachen, die es eigentlich nicht sind. Dazu gehören unter anderem Steine, Baumstämme, Fahrzeuge, Flugzeuge oder Züge.

 

Das Heben von Atlas Stones: eine der beliebtesten Disziplinen im Strongman-Kraftsport.
Wer braucht schon Kurzhanteln und Maschinen, wenn es auch viel unhandlicher geht? Der Strongman schmeißt gern Objekte durch die Gegend, die normale Menschen weder greifen noch bewegen können.

 

Da du auch selbst in etwa so viel wiegst wie ein Linienbus, liegt dein Lebensmittelbedarf auf dem Niveau einer afrikanischen Kleinstadt, was sich natürlich auch bei den Kosten bemerkbar macht. Außerdem passt du zwar nicht mehr in einen Kleinwagen, kannst ihn dafür aber immerhin umschmeißen, wenn er dir im Weg ist.

 

Kurz gesagt ist ein Strongman in etwa das, was herauskommt, wenn man einen Kodiakbär mit einem Autokran paart und das Ergebnis dann mit Steroiden füttert. Wenn du also schon immer der Endgegner in Sachen Kraftsport werden wolltest, ist diese Disziplin die richtige für dich.

 

4. Crossfit

Wenn du dir mal deine Lohnabrechnung genauer angesehen hast, wirst du feststellen, dass du sehr viel Geld für deine Krankenversicherung ausgibst. Crossfit ist eine hervorragende Möglichkeit, dir dieses Geld auf Umwegen wieder zurückzuholen. Denn es gibt keinen besseren Weg, die Vorzüge einer Gesundheitsversorgung maximal auszunutzen, als hochkomplexe Übungen mit minimaler Vorbereitung oder Erläuterung auf maximale Wiederholungszahlen und unter Zeitdruck auszuführen.

 

Alles, was du tun musst, ist, dich statt in einem Fitnessstudio in einer fünfmal so teuren Crossfit-Box anzumelden, was im Prinzip eine leere Lagerhalle ist, in der eine Klimmzugstange, eine Langhantel und ein Airbike stehen. Und dann lass dich überraschen!

 

Ein Crossfit-Kraftsportler springt mit einem Medizinball.
Deine Klimmzüge sehen in etwa so aus, wie das, was der Herr auf dem Bild mit dem Medizinball macht? Dann ist Crossfit der richtige Kraftsport für dich.

 

Und das meine ich in diesem Kontext sogar buchstäblich, denn im Crossfit wurde die alte Bodybuilderweisheit „den Muskel zu verwirren“ zum Grundprinzip des Trainings erkoren. Deshalb gibt es auch keine festen Trainingspläne, sondern ein „Workout of the Day“, das aus einem nach dem Zufallsprinzip zusammengewürfelten Sammelsurium verschiedenster Übungen aus Kraft- und Ausdauersport besteht. Das hat zur Folge, dass nicht nur deine Muskeln verwirrt werden, sondern auch deine Sehnen und Gelenke quasi täglich ihr blaues Wunder erleben.

 

Wenn du das eine Zeit lang machst, bist du theoretisch in Sachen Fitness ein Allrounder und gleichzeitig stark, schnell und ausdauernd. Zumindest, wenn du nicht gerade im Krankenhaus bist oder in der Reha wieder laufen lernst. Aber einer der Vorzüge von Crossfit ist das tolle Community-Gefühl, das heißt, du kriegst ganz viele Herzchen und Unterschriften auf deinen Gipsverband.

 

Aus irgendeinem Grund ernähren sich Crossfitter ausschließlich nach einer Paleo-Diät, weil Kipping Pull-ups und Bandscheibenvorfälle irgendeinen Zusammenhang zu vorzeitlichen Jägern und Sammlern zu haben scheinen. Ebenfalls ein Vorteil ist, zumindest wenn du ein Mann bist, dass du die horrenden Kosten zum Teil bei der Trainingskleidung sparst, weil Crossfit grundsätzlich oberkörperfrei trainiert wird.

 

5. Calisthenics

Bisher ging es des Öfteren um Kosten. Wenn du aber bereits bei diesem Wort eine Panikattacke bekommst und krampfhaft deinen Geldbeutel umklammerst, dann ist vermutlich Calisthenics eine gute Wahl für dich. Dafür brauchst du nicht mal eine Studiomitgliedschaft, sondern es reicht, die Gören vom nächsten Spielplatz zu vertreiben, und schon hast du quasi dein eigenes Fitnessstudio. Und du brauchst auch keine Hanteln oder Maschinen, sondern du trainierst ausschließlich mit deinem eigenen Körpergewicht.

 

Calisthenics: der Kraftsport für den Spielplatz nebenan
Kein Geld fürs Fitnessstudio oder teures Equipment? Als Calisthenics-Athlet okkupierst du einfach den nächstgelegenen Spielplatz für dein Workout.

 

In der Praxis heißt das, dass du jeden Tag ungefähr eine Million Klimmzüge, Dips und Liegestütze machst, bis du deinen Traumkörper erreicht hast. Dieser sollte allerdings nicht gerade besonders ausgeprägte Beine beinhalten, weil Beintraining mit Bodyweight-Übungen ein wenig knifflig ist. Du kannst zwar Pistol Squats machen, für diese brauchst du aber die Beweglichkeit und Balance eines „Cirque du Soleil“-Artisten, und selbst dann wird es schwierig, die Stelzen ausreichend zu fordern.

 

Aber da Beine ohnehin nur zusätzliches Gewicht bei Klimmis und Dips darstellen und die Jogginghose quasi die Uniform des Calisthenics-Athleten ist, ist Beintraining in der Calisthenics-Szene in etwa so verbreitet wie Bengalos in der Wiener Oper.

 

6. Olympisches Gewichtheben

Und schließlich haben wir auch noch etwas für alle, die nach etwas Höherem streben als einem Sixpack und Plastikpokalen. Wir sprechen hier von Gold, genauer gesagt von olympischem Gold! Aber dafür musst du dann auch was tun. Um im olympischen Gewichtheben richtig gut zu werden, bedarf es sehr viel Training. Und ich meine damit wirklich, wirklich viel Training.

 

Während der typische Fitness-Florian bereits nach drei Sätzen Curls über Erschöpfung klagt, entlockt das einem Gewichtheber nur ein müdes Lächeln. Diese halten Übertraining für eine Erfindung der Medien und trainieren deshalb in einem Umfang und einer Intensität, die bei Normalsterblichen zu einer Nahtoderfahrung führen würde – nur um am nächsten Tag das Gleiche nochmal zu machen. Deshalb solltest du als angehender Gewichtheber auch besser eine ausgeprägte masochistische Ader und eine ungebremste Liebe für Kniebeugen mitbringen, weil du ab jetzt mehr Squats als Atemzüge ausführen wirst.

 

Ein Gewichtheber beim Kraftsport-Training.
Reißen, Umsetzen und Stoßen – aber nicht für einen Satz, sondern mehr oder weniger von morgens bis abends: Das ist Gewichtheben.

 

Abgesehen von Kniebeugen machst du auch ’ne Menge Techniktraining, also Cleans und so ein Zeug, und zur Erholung dann eben noch mehr Kniebeugen. Davon bekommst du zwar keinen dicken Bizeps, aber dafür sieht es verdammt cool aus, wenn du das Kreuzhebe-Max der meisten Studiobesucher locker über deinen Kopf wirfst.

 

Allzu große Hoffnungen auf eine olympische Medaille solltest du dir aber auch nicht machen, weil die fast sicher an einen Chinesen oder Osteuropäer geht, der mit dem Sport schon angefangen hat, bevor er überhaupt richtig laufen konnte – dafür aber mit Mitte 20 auf dem Kompost landet.

 

Unser Video

Ich hoffe, ich konnte dir bei deiner Entscheidung für den richtigen Kraftsport helfen. Falls nicht, dann haben wahrscheinlich einfach nur die passenden Bilder gefehlt und du solltest dir unbedingt auch noch unser Video zu den verschiedenen Kraftsport-Arten anschauen:

 

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