Führt der Pump zu Muskelaufbau?

Vermutlich weiß jeder, der ambitioniert mit dem Ziel Muskelaufbau trainiert, einen ordentlichen Pump zu schätzen. Auch wenn Arnolds berühmter Vergleich mit einem Orgasmus vielleicht ein wenig überzogen scheint, sorgt ein Pump durch den optischen Effekt unzweifelhaft für einen Motivationsschub und kann auch indirekt zum Trainingserfolg beitragen – nämlich als Indikator, ob ein Muskel während des Trainings auch richtig getroffen wurde.

Aber wirkt sich der Pump auch direkt auf den Muskelaufbau aus bzw. lässt man Gains auf der Strecke, wenn man diesen nicht bewusst anstrebt? Genau das erfährst du in diesem Artikel!

 

 

Der Pump… was ist das eigentlich?

Ich denke zwar, jeder hier weiß grundsätzlich, was mit dem Pump gemeint ist, aber hier trotzdem eine kurze Erklärung: Beim Training wird Blut in die Muskeln gepumpt und Flüssigkeit in die Muskelzellen gezogen, was die Muskelfasern anschwellen lässt. Dadurch verengen sich die Kapillaren und das zuvor eingeflossene Blut kann nicht mehr richtig abfließen. Wird nun weiter trainiert, wird mehr Blut in die Muskeln gepumpt, als abgeführt werden kann, und die Schwellung des Muskels nimmt zu. Voilà, du hast einen Pump.

 

Legendäre Aufnahme: Arnold Schwarzenegger beschreibt den Pump.

 

Pump und metabolischer Stress

Aber nicht nur das Blut wird beim Abfließen gehindert, sondern auch Metaboliten (Nebenprodukte des Energiestoffwechsels der Muskulatur bei Beanspruchung) wie Laktat, Phosphate oder Wasserstoffionen können nicht richtig abgeführt werden und sammeln sich in der Muskulatur an (1). Dies sorgt für metabolischen Stress und lange vermuteten Wissenschaftler, dass dieser ein Treiber für Hypertrophie wäre (2). Scheinbar bestätigt wurde dies durch die Forschungen zum Blood Flow Restriction-Training (BFR), dessen Wirksamkeit in mehreren Studien belegt wurde (3).

 

Zur Erklärung: Beim Blood Flow Restriction-Training werden Gliedmaßen (also Arme oder Beine) abgebunden, um den Abfluss von Blut- und Metaboliten bewusst zu minimieren. Dadurch können nur noch deutlich geringere Gewichte verwendet werden, die aber für den gleichen Muskelaufbau sorgen wie ein Training mit schwereren Gewichten ohne Blutflussregulation.

 

Die Mechanismen, wie metabolischer Stress zu mehr Muskelwachstum führen könnte, waren dabei allerdings unklar. Vermutet wurden unter anderem hypoxer Stress (Sauerstoffmangel im Muskel), Laktat als möglicher Signalgeber für die Proteinsynthese (anhand einer Studie an Mäusen (4)), verbesserte Faserrekrutierung, ein verstärkter Ausstoß an anabolen Hormonen und andere Faktoren.

 

Ein Sportler mit dem Ziel Muskelaufbau trainiert seine Brust auf Pump.
Seien wir ehrlich: Wir alle lieben einen guten Pump!

 

Das Problem an der Theorie

Wenn also metabolischer Stress ein Faktor für Hypertrophie wäre, dann müsste ein Training, das einen starken Pump (und damit einhergehend ein hohes Maß an metabolischem Stress) erzeugt, auch zu besseren Ergebnissen in Sachen Muskelaufbau führen. Aber was sind die beiden besten Methoden, um im Training einen guten Pump zu bekommen?

  1. Hohe Wiederholungszahlen mit niedrigem Gewicht
  2. Kurze Pausenzeiten

Und da zeigt sich schon ein Widerspruch. Wer die Trainingswissenschaft der letzten 10 Jahre verfolgt hat, weiß, dass es in Sachen Muskelaufbau keinen Unterschied macht, ob man mit 5 oder 30 Wiederholungen trainiert, sofern bis in die Nähe des Muskelversagens trainiert wird, und dass das Arbeitsgewicht somit ebenfalls keine große Rolle spielt (5). Und kurze Pausenzeiten können sich, zumindest bei komplexen Übungen, sogar negativ auf den Muskelaufbau auswirken (6).

 

Um der Frage, ob Pump (bzw. metabolischer Stress) zusätzliche Hypertrophie auslöst, nachzugehen, untersuchten Bergamasco und Kollegen in ihrer Studie (7), die Ende letzten Jahres erschienen ist, ob BFR-Training mehr Hypertrophie erzeugt, wenn mit moderaten Gewichten trainiert wird. Die 10 Probanden trainierten ihre Beine dafür unilateral, wobei ein Bein jeweils abgebunden und damit nach dem BFR-Prinzip trainiert wurde. Die Zuwächse an Muskulatur waren bei beiden Beinen identisch, obwohl die Marker für metabolischen Stress beim abgebundenen Bein natürlich ungleich höher waren. In einer anderen Studie konnte das Abbinden von Gliedmaßen nicht den Muskelabbau in einer Trainingspause verhindern oder auch nur reduzieren, obwohl die Muskeln dadurch durchgehend metabolischen Stress ausgesetzt waren (8).

 

Nun stellt sich natürlich die Frage: Wenn metabolischer Stress offenbar kein Treiber für Hypertrophie ist, wie erklärt sich dann, dass man mit BFR-Training auch mit niedrigen Gewichten trotzdem den gleichen Muskelaufbau erreichen kann wie mit herkömmlichem Training mit schwereren Gewichten?

 

Um das zu beantworten, schauen wir uns eine andere Metaanalyse zum Thema BFR an, in der untersucht wurde, wie sich bei diesem umliegende Muskeln verhalten, die nicht abgebunden wurden (9). Dabei stellte sich heraus, dass beim Bankdrücken mit abgebundenen Armen nicht nur der Trizeps, sondern auch die Brust von BFR-Training profitierte, obwohl diese keinem größeren metabolischen Stress ausgesetzt war. Das gleiche wurde auch bei der Schultermuskulatur beim Überkopfdrücken mit abgebundenen Armen festgestellt.

 

Wie kann das sein? Die wahrscheinlichste Antwort darauf ist überraschend simpel: Das Abbinden der Arme macht die Übung einfach schwerer. Auch beim BFR-Training gelten die gleichen Prinzipien wie bei anderen Formen des Trainings – und zwar dass bis zum oder zumindest in die Nähe des Muskelversagens trainiert werden muss. Und das kann beim BFR-Training eben schneller bzw. mit leichteren Gewichten erreicht werden, weil der intramuskuläre Druck einen zusätzlichen Widerstand darstellt, den der Muskel überwinden muss.

Falls du German Volume Training (ein System, bei dem mit vielen Sätzen, höheren Wiederholungszahlen und leichten Gewichten gearbeitet wird) schon einmal ausprobiert (oder einfach nur mal mehrere Sätze einer Übung kurz hintereinander durchgeführt) haben solltest, kennst du den Effekt. Die ersten Sätze fühlen sich lächerlich leicht an und man könnte gefühlt das Dreifache der Wiederholungen machen, aber irgendwann setzt der Pump ein und die Gewichte fühlen sich schlagartig deutlich schwerer an.

 

Das alles spricht dafür, dass es eben nicht der metabolische Stress an sich ist, der BFR wirksam macht, sondern der Treiber für Hypertrophie ist auch bei dieser Form des Trainings der gleiche wie bei allen anderen auch – und zwar mechanische Spannung.

 

Auch allgemein gibt es die Tendenz, dass sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass mechanische Spannung tatsächlich der einzig relevante Faktor für Muskelaufbau im Training ist und alle anderen Mechanismen nur Nebenprodukte und Begleiterscheinungen sind.

 

Fazit zum Thema Pump & Muskelaufbau

Auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas zu früh für ein endgültiges Urteil in dieser Sache ist, verdichten sich doch zunehmend die Zeichen, dass metabolischer Stress kein Faktor für Muskelaufbau ist, diesen also weder auslöst noch verstärkt. Daraus ergibt sich auch, dass der Pump keinen direkten Einfluss auf deine Gains hat. Wenn du also im Training mal keinen besonderen Pump verspürst, musst du deshalb den Kopf nicht hängen lassen, denn du baust trotzdem effektiv Muskeln auf.

 

Aber verstehe mich bitte nicht falsch, ich liebe einen guten Pump genauso wie jeder andere. Und auch wenn der Pump vielleicht keinen direkten Einfluss auf deine Trainingserfolge hat, so hat er doch auf jeden Fall einen indirekten, den man keinesfalls unterschätzen sollte: So ist für viele allein schon der pralle Look und das Gefühl eines guten Pumps so motivierend, dass schon die Vorfreude darauf für viele einen guten Grund darstellt, den eigenen Arsch ins Gym zu bewegen. Zudem bietet dir der Pump auch immer so etwas wie einen Ausblick auf ein muskulöseres zukünftiges Ich und wirkt so noch einmal als Motivation, in Sachen Training am Ball zu bleiben. Also mach ruhig weiter Pumpsätze und nimm deinen Pumpbooster! Sofern du dir nicht zu viel davon versprichst, spricht nichts dagegen.

 

Wie wichtig ist dir ein guter Pump im Training und legst du es bewusst auf einen maximalen Pump an? Verrate es uns hier!

 

Quellen:

  1. Schoenfeld et al. (2014): The Muscle Pump-Potential Mechanisms and Applications for Enhancing Hypertrophic Adaptations
  2. De Freitas et al. (2017): Role of metabolic stress for enhancing muscle adaptations: Practical applications 
  3. Chang et al. (2024): Effects of Blood Flow Restriction Training on Muscle Strength and Hypertrophy in Untrained Males: A Systematic Review and Meta-Analysis Based on a Comparison with High-Load Resistance Training
  4. Ohno et al. (2019): Lactate Stimulates a Potential for Hypertrophy and Regeneration of Mouse Skeletal Muscle
  5. Schoenfeld et al. (2017): Strength and hypertrophy adaptations between low- vs. high-load resistance training: a systematic review and meta-analysis 
  6. Singer et al. (2024): Give it a Rest: A systematic review with Bayesian meta-analysis on the effect of inter-set rest interval duration on muscle hypertrophy
  7. Bergamasco et al. (2024): Individual muscle hypertrophy in high-load resistance training with and without blood flow restriction: A near-infrared spectroscopy approach
  8. Teixeira et al. (2021): Blood Flow Restriction Does Not Attenuate Short-Term Detraining-Induced Muscle Size and Strength Losses After Resistance Training With Blood Flow Restriction
  9. Pavlou et al. (2023): The effects of upper body blood flow restriction training on muscles located proximal to the applied occlusive pressure: A systematic review with meta-analysis
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