Mr. Olympia 2024: Tops & Flops

Der Mr. Olympia 2024 ist nun schon ein paar Tage lang vorbei. Nachdem wir dieses aufregende Wochenende etwas verarbeiten konnten, ist es nun – mit etwas Abstand – an der Zeit, den Wettkampf noch einmal Revue passieren zu lassen.

 

Ohne weitere Umschweife deshalb hier die größten Tops und Flops beim diesjährigen Mr. Olympia!

 

 

Die Tops

Das Bühnenbild

Die Organisatoren des Mr. Olympia hatten bereits letztes Jahr angekündigt, ein Bühnenbild zu präsentieren, das den Fokus wieder mehr auf die Athleten richtet, nur um dann doch wieder ein Set wie aus einem Techno-Festival aufzubauen. Doch dieses Jahr schien es so, als wäre das Flehen der Fans endlich erhört worden. Jedenfalls wirkte der Hintergrund dieses Jahr deutlich reduzierter und auf Schnickschnack, der keinen Mehrwert bietet und nur vom eigentlichen Geschehen ablenkt wie prominent platzierte LED-Bildschirme, Lasershows und Kunstnebel, wurde dankenswerter Weise verzichtet.

 

Das Ergebnis war zwar immer noch nicht perfekt, aber in seinem zurückgenommenen Stil und den stärkeren Kontrasten durch mehr dunkle Flächen zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Der Wille, dem Wunsch der Fans in Sachen Bühnenbild entgegenzukommen, war jedenfalls erkennbar.

 

Das Judging

Trotz klar definierter Wertungskriterien spielt im Bodybuilding immer auch eine subjektive Komponente eine Rolle, weshalb es eigentlich fast ausgeschlossen ist, dass jeder die Wertungen der Judges begrüßen oder für nachvollziehbar halten wird. Aber trotzdem war dies einer der ersten Mr. Olympias seit Langem, bei der ich bei nahezu jeder Platzierung mitgehen würde, zumindest was die Classic Physique, die 212 und die Men’s Open angeht. Die anderen Klassen habe ich nur am Rande verfolgt und anscheinend wurde zumindest mit den Entscheidungen in der Men’s Physique etwas gehadert, aber im Großen und Ganzen schienen die Platzierungen dieses Jahr erstaunlich fair gewesen zu sein. Ein guter Indikator dafür sind auch immer die Kommentarspalten in den sozialen Medien und abgesehen vom unvermeidbaren Hintergrundrauschen der Hardcore-Fanboys bestimmter Athleten, lese ich da dieses Jahr kaum Kritik an den Judges heraus, im Gegenteil.

 

Das war nach der mehr als kontroversen Entscheidung im letzten Jahr ganz anders und zog sich durch die gesamte Saison. Es kann natürlich auch Zufall sein, aber hier werde ich das Gefühl nicht los, dass man das nicht noch einmal riskieren wollte und deshalb auf strategische oder politische Entscheidungen verzichtet hat. Über die eine oder andere Platzierung kann man natürlich trotzdem noch diskutieren und ob z. B. ein Martin Fitzwater nicht eigentlich sogar auf dem dritten Platz hätte landen müssen, sei dahingestellt. Eine echte Fehlentscheidung konnte ich jedoch nicht erkennen und erfreulich war auch, wie konsequent nach Leistung und ohne Rücksicht auf bekannte Namen vorgegangen wurde. Das macht Hoffnung für die Zukunft.

 

Samson Dauda (und seine Frau)

Einen Mr. Olympia als Gewinner bzw. Top eines Events zu nennen, erscheint eigentlich redundant bzw. zu offensichtlich. In Samsons Fall ist die Sache aber ein wenig anders, da dieser im Vorfeld zum Mr. Olympia quasi durchgehend hart, teilweise auch unfair kritisiert und abgeschrieben wurde. Und nicht nur er, auch seine Frau Marlen, die ihn für dieses Event gecoacht hatte, musste sich einiges gefallen lassen und nicht immer wurde dabei nur über die Gürtellinie gezielt, selbst von bekannten Namen der Industrie nicht.

 

Aber allen Unkenrufen zum Trotz hat Marlen etwas geschafft, woran Milos Sarcev jahrelang gescheitert ist. Und zwar Samson, der bereits seit Jahren genug Masse hat, um quasi jede Show gewinnen zu können, endlich in die notwendige Form zu bringen, um sein Potenzial voll ausschöpfen zu können. Samsons Frau hat es also offenbar doch drauf und auch Samson selbst hat den Zweiflern nun endlich bewiesen, dass er durchaus hart genug kommen kann. Wenn das nicht nur ein Glückstreffer war und sie dieses Ergebnis reproduzieren können, kann es sogar sein, dass Samson eine ganz neue Ära einleitet und die Sandow-Trophäe von nun an mehrmals gewinnen kann.

 

Samsons Sieg ist auch für die Bodybuilding-Szene an sich ein Glücksfall, unabhängig davon ob man ein Fan von ihm ist oder nicht. Denn damit bekommen wir endlich wieder einen Mr. Olympia, den man mehr als einmal im Jahr auch auf der Bühne sehen kann. So hat Samson auch bereits angekündigt, dieses Jahr bei der Arnold Classic anzutreten und damit wird hier zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder ein amtierender Mr. O antreten.

 

Samson Dauda als gefeierter Sieger der Open beim Mr. Olympia 2024: Top
Samson Dauda feiert seinen Sieg beim Mr. Olympia 2024 (Quelle: Mr Olympia LLC, Instagram)

 

Martin Fitzwater

Nachdem Martin sich nach seiner langen Auszeit bereits in Detroit und New York in bestechender Form präsentierte, bestanden eigentlich kaum Zweifel, dass er auch beim Mr. Olympia gut abschneiden würde und einige Experten hatten ihn recht weit vorne in ihren Vorhersagen. Aber all diese großen Erwartungen konnte Martin sogar noch weit übertreffen und sich schließlich sogar noch vor Andrew Jacked positionieren, womit selbst Martins Fans kaum gerechnet haben dürften. Und nicht nur das: Ganz objektiv hätte man Martin sogar noch weiter vorne platzieren können.

 

Bemerkenswerter als die Platzierung selbst ist dabei, wie gut Martin mit den Athleten aus der Top 3 mithalten und diese in manchen Posen sogar schlagen konnte. Insbesondere bei der Most Muscular machte er den Titelverteidiger sogar regelrecht lächerlich und war mehr als eine Nummer besser. Aber auch in anderen Posen war Martin bockstark und fiel auch in keiner so stark ab, als dass es den hervorragenden Gesamteindruck trüben könnte.

 

Martin hat einfach perfekt gepeaked, war voll, komplett, abgezogen und hatte eine tolle Bühnenpräsenz. Man merkte ihm einfach an, dass er jede Sekunde genossen hat und man gönnt es ihm auch einfach. Martin wird jedenfalls auch in Zukunft noch für Furore sorgen, das ist fast sicher.

 

Martin Fitzwater, der beim Mr. Olympia 2024 eine beeindruckende Form präsentierte: Top
Martin Fitzwater beim Mr. Olympia 2024 (Quelle: Stagetimephoto, Instagram)

 

Mike Sommerfeld und das deutsche Bodybuilding

Dass Mike gewaltiges Potenzial mitbringt, war eigentlich keine große Überraschung für alle, die seinen Werdegang schon eine Weile verfolgt hatten. Aber es gab eben auch zunehmend Zweifel, ob Mike einerseits je die notwendige Schärfe bringen könnte und andererseits, ob die Kampfrichter dies dann auch honorieren und ihn fair platzieren würden.

 

Und im Vorfeld des Mr. Olympia musste sich Mike auch einiges an Häme gefallen lassen. Immer wenn er ein neues und durchaus beeindruckendes Formupdate präsentierte, ging es in den Kommentaren eher um seine Socken oder es wurde ihm der exzessive Einsatz von Photoshop und Filtern vorgeworfen, weshalb ihn einige gar als Mike Sommerfilter titulierten. Und nach dem spontanen Posingbattle mit Ramon Dino musste sich Mike besonders von brasilianischen Fans anhören, er wäre chancenlos und sähe nur gut aus, solange er nicht neben einem der Topathleten stehe.

 

Und dann brachte Mike die Form seines Lebens, verbesserte sich um satte 6 Plätze und ließ alle vermeintlichen Favoriten zum Teil deutlich hinter sich. Und nicht nur das: Er schaffte es sogar, Chris Bumstead zu pushen wie niemand zuvor, und lag am Ende auf 4 von 11 Punktzetteln vor dem GOAT der Classic Physique. Mike hat also unfassbar abgeliefert und wurde an nur einem Tag von einem weitestgehend unbeachteten Top 10 Kandidaten zum Favoriten auf den Titel und zur aktuellen Nummer 1 der Classic nach Cbums Rücktritt. Unfassbare Leistung.

 

Aber als ob das nicht schon gut genug wäre aus deutscher Sicht, konnte sich mit Urs sogar noch ein weiterer deutscher Athlet in der Top 3 platzieren. Die Classic Physique spricht jetzt deutsch! Und auch Luca Reger präsentierte sich in einer guten Form, konnte sich aber nicht in der Top 15 platzieren, was man bei einem Debüt aber auch nicht erwarten kann. Alles in allem ein grandioses Wochenende für das deutsche Bodybuilding.

 

Luca Reger, Mike Sommerfeld und Urs Kalecinski hinter der Bühne beim Mr. Olympia 2024: Top
Luca Reger, Mike Sommerfeld und Urs Kalecinski beim Mr. Olympia 2024 (Quelle: Mike Sommerfeld, Instagram)

 

Chris Bumstead

Dass Chris seinen sechsten Titel einfahren konnte, kommt wenig überraschend, auch wenn es dieses Mal spannender war als sonst. Das allein macht ihn noch nicht zum Gewinner. Zum Gewinner macht ihn eher sein Rücktritt bzw. die Art und Weise, wie und wann er diesen verkündete. Es passt einfach zu seinem Status als absolute Legende der Classic, seinen Rücktritt nach einem Sieg zu verkünden und somit ungeschlagen abzutreten. Und es passt zu seinem Status als Mensch, das Ganze dann auf eine so authentische, sympathische und emotionale Weise zu tun und einige Fans werden wohl selbst mit den Tränen gekämpft haben, als Cbum sich von der Bühne verabschiedete.

 

Zudem hat Chris auch bekannt gegeben, dass er das lächerliche Preisgeld der Classic aus eigener Tasche aufstocken wird, um etwas zurückzugeben und die Klasse, die er selbst so populär gemacht hat, weiterhin zu unterstützen.

Chris ist einfach die seltene Kombination aus einem großartigen Athleten und einem ebenso großartigen Menschen, der selbst von seinen Rivalen in höchstem Maße geschätzt und respektiert wird. Und bei Chris wirkte seine sympathische Art nie aufgesetzt, wie das Ergebnis von jahrelangem Medientraining, sondern er kam stets ehrlich, sympathisch und bescheiden rüber. In jeder Hinsicht ein echter Champion und allein deshalb schon ein Gewinner. Wir werden Chris jedenfalls schmerzlich vermissen.

 

Chris Bumstead, Sieger der Classic Physique beim Mr. Olympia 2024: Top
Chris Bumstead (Cbum) beim Mr. Olympia 2024 (Quelle: Stagetimephoto, Instagram)

 

Keone Pearson

Wie Chris war auch Keone als großer Favorit ins Rennen um den Titel in der 212er-Klasse gegangen, insofern war sein Sieg keine große Überraschung. Aber womit er sich einen Platz in dieser Liste klar verdienen konnte, ist auch in diesem Fall die Art und Weise, wie er diesen Sieg erringen konnte.

 

Keones Paket beim diesjährigen Mr. Olympia war nicht einfach nur gut, sondern geradezu spektakulär und vermutlich das beste, was man überhaupt je in der 212 zu sehen bekam. Und ja, das schließt jede bisherige Version von Flex Lewis bei seinen 7 Siegen ausdrücklich mit ein. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass Keones 2024er-Version das beste war, was im Bodybuilding in den letzten 10 Jahren überhaupt zu sehen war, mindestens.

 

Keone ist der vermutlich genetisch am meisten gesegnete Athlet unserer Zeit, vielleicht sogar aller Zeiten. Die Taille lässt sogar die meisten Athleten aus der Classic Physique noch fett und unförmig erscheinen, die Schlüsselbeine bzw. Schultern sind extrem weit und alle Muskeln haben eine herausragende Form und wirken sehr plastisch. Diese Qualitäten hatte Keone schon immer, aber dieses Jahr kam noch ein bemerkenswerter Zuwachs an Masse, besonders am Rücken und am Beinbeuger und eine bei ihm noch nie gesehene Härte dazu. Diese Kombination aus Veranlagung und Verbesserung war einfach zu viel für die Konkurrenz und machte die Entscheidung in der 212 ungefähr so spannend wie der Kampf zwischen Prime Mike Tyson und einem Kleinkind.

 

Aktuell ist nicht absehbar, wer Keone in dieser Klasse in den nächsten Jahren überhaupt gefährlich werden soll, so überlegen wirkt er.

 

Keone Pearson, Sieger in der 212er-Klasse beim Mr. Olympia 2024: Top
Keone Pearson beim Mr. Olympia 2024 (Quelle: Stagetimephoto, Instagram)

 

Die Flops

Die Pressekonferenz

Let’s face it: Ein echter Leckerbissen war die PK vor dem Mr. Olympia noch nie. Man schaut sie an, weil man zu diesem Zeitpunkt eben heiß ist auf die Show und sowieso alles konsumiert, was mit dem Olympia zu tun hat. Und bestenfalls hört man wenigstens ein paar Frotzeleien zwischen den Athleten oder einer von denen präsentiert schon mal einen Teaser in Sachen Form. Aber die Organisatoren haben es tatsächlich geschafft, den langweiligsten Teil des Wochenendes noch einmal etwas belangloser zu machen. Das fängt schon an mit der Location, die ein wenig an ein Bierzelt bei einem Stadtfest in der Provinz erinnerte, vom obligatorischen LED-Screen mal abgesehen.

 

Und ob es notwendig ist, wirklich Teilnehmern aus allen Klassen Zeit einzuräumen, sei mal dahingestellt. Ich weiß, die arbeiten genauso hart und haben ihren Moment im Scheinwerferlicht verdient aber sind wir doch mal ehrlich, wen interessiert bitte eine Fragerunde mit den Wellness-Mädels? Und klar, einige Fans der Klasse werden jetzt sicher schreien: “Hier ich, du ignoranter Penner!” Aber für die meisten anderen zieht es die eh schon zähe Angelegenheit auch noch unnötig in die Länge und viele werden eher abgeschaltet haben, anstatt sich durch die ganze Veranstaltung zu quälen.

 

Und fairerweise muss man sagen, dass die Jungs aus den populäreren Klassen nicht viel besser sind. Heutzutage sind die Athleten und ihre Aussagen einfach betont vorsichtig, nichtssagend und langweilig. Hauptsache keine Kontroverse auslösen oder das eigene Image schädigen. Klar, jeder erzählt, dass er dieses Jahr etwas ganz Besonderes präsentieren wird und dass man gespannt sein soll, aber wirklich unterhaltsame Spitzen sucht man eben vergebens. Und ja, Samson hat ein spontanes Posing eingelegt, aber weil kein anderer mitmachen wollte, blieb auch das eher eine Randnotiz.

 

Man muss sich in Zukunft wirklich überlegen, wie man das Format straffen oder unterhaltsamer gestalten kann, ansonsten kann man auch einfach komplett darauf verzichten und den Teilnehmern einfach beim Einwiegen ein, zwei Fragen stellen.

 

Die langweilige Pressekonferenz vor dem Mr. Olympia 2024: Flop
Die Pressekonferenz vor dem Mr. Olympia 2024 (Quelle: Stagetimephoto, Instagram)

 

Das DJing

Wenn wir gerade über organisatorische Mängel sprechen, kann man natürlich nicht unerwähnt lassen, dass es bei einem Event, bei dem Millionen umgesetzt werden und das nur einmal im Jahr stattfindet, durchaus möglich sein sollte, bei den Posingküren die richtige Musik einzuspielen. Jetzt mal ehrlich: Selbst bei einer Regionalmeisterschaft eines x-beliebigen Wald- und Wiesenverbands kriegen die das hin, dann kann das beim größten Event des Bodybuildings auch durchaus erwartet werden.

 

So hätte man auch durchaus auch mal kurz checken können, welche Songs sich ein Athlet für seine Kür ausgesucht hat, statt wie bei Andrew Jacked dessen Musik nach 10 Sekunden zu skippen und stattdessen einen eigenen Mix zu spielen. Hier könnte man ja noch argumentieren, dass der Athlet selbst für die Wahl seiner Musik verantwortlich ist, aber ein kurzer Check wäre nicht zu viel verlangt und zudem sollte laut Andrew ja eigentlich auch ein Radio-Edit ohne Schimpfwörter gespielt werden.

 

Aber das Ganze hat sich auch noch wiederholt und zwar bei Breon Ansley, bei dem einfach die falsche Musik gespielt wurde, ohne dass es dafür einen triftigen Grund gegeben hätte. Die Posingküren werden auch nur von den Topleuten überhaupt absolviert, es ist also nicht so, dass man hier Hunderte Songs und Athleten jonglieren müsste. Solche Peinlichkeiten sollte man sich in Zukunft sparen.

 

Die Reden und “Showeinlagen”

Um das Organisations-Bashing abzuschließen, sollte man auch über die Momente reden, wenn mal keine Athleten auf der Bühne stehen. Inzwischen fast obligatorisch sind ja die langen Ansprachen der Verantwortlichen. Dass die grundsätzlich bei solchen Events auch im Spotlight stehen und sich feiern lassen wollen, ist ja auch völlig legitim, aber die Art und Weise ist dann doch eher suboptimal. Wirklich Substanzielles haben sie dabei aber eigentlich nie vorzubringen und es läuft im Grund immer auf eine gegenseitige Beweihräucherung hinaus. Hinzu kommt, dass weder Dan Solomon noch Jake Wood besonders mitreißende Redner und ihre Beiträge schlicht und einfach viel zu lang sind. In Sachen Unterhaltungswert waren diese Parts deshalb in etwa auf dem Niveau des Ausfüllens meiner Einkommenssteuererklärung. Beim nächsten Mal sollen sie einfach kurz 5 Minuten lang sagen, wie geil sie und der Mr. Olympia sind, und dann den Athleten das Feld überlassen.

 

Geradezu schmerzhafte Fremdscham löste der unvermeidbare US-Pathos bei mir aus. Dass die Nationalhymne mit allem Pomp gesungen wird, muss man bei einer Show in den USA wohl in Kauf nehmen, aber spätestens als die Veteranen auf die Bühne kamen, haben meine Augen reflexartig angefangen, in ihren Höhlen zu rotieren. Bei allem Respekt, aber als der Purple Heart-Veteran seine (sicherlich bewegende) Lebensgeschichte erzählte, konnte ich mir selbst mit meiner blühenden Fantasie nicht zusammenreimen, was das jetzt mit Bodybuilding zu tun hat. Ich gebe zu, bei diesem Part nicht wirklich zugehört zu haben, aber sofern “das einzige, was mir im Kugelhagel Kraft zum Weitermachen gegeben hat, war die Aussicht, noch einmal in meinem Leben vollgestoffte Mutanten im Posingslip zu sehen” nicht Teil der Rede war, kann ich mir nach wie vor nicht den Zusammenhang zum Mr. Olympia zusammenreimen. Die Veranstalter sollten einfach realisieren, dass der Mr. Olympia kein rein amerikanisches, sondern ein internationales Event ist und solche Einlagen für Nichtamerikaner eher befremdlich und unpassend wirken.

 

Derek Lunsford

Einer der großen Verlierer des Wochenendes aus sportlicher Sicht war natürlich Derek Lunsford. Wenn man als Titelverteidiger und haushoher Favorit antritt und am Ende nicht nur den Titel verliert, sondern sogar nur auf dem dritten Platz landet, dann gibt es da nichts zu beschönigen. Zwar wurde Big Ramy 2022 sogar noch härter abgestraft, allerdings hatte dieser auch sichtbare Verletzungen und eklatante Schwächen, mit der man dies begründen konnte.

 

Derek hingegen war nahezu in der gleichen Verfassung wie bei seinem Sieg, in einigen Punkten wie der Brust und den Abs sogar besser. Allerdings wirkte die Front nach wie vor recht weich und auch an den Beinen waren kaum Verbesserungen zu erkennen. Da er aber gleichzeitig den ohnehin schon starken Rücken noch weiter aufbauen konnte, war die Dysbalance zwischen Ober- und Unterkörper dieses Jahr sogar noch stärker als zuletzt und störte insbesondere in den Frontposen den Gesamteindruck erheblich. Hinzu kommt, dass er einen Ticken weniger hart war als bei seinem Olympia-Sieg und die Kombination dieser Mängel reichte aus, um ihn nicht nur vom Thron zu stoßen, sondern gleich auf den dritten Platz zu befördern, da seine direkten Konkurrenten besonders in den Rückenposen erheblich aufholen konnten. Und selbst dieser dritte Platz war stellenweise in Gefahr und Derek hat es wohl hauptsächlich seinem Status als inzwischen ehemaliger Mr. Olympia zu verdanken, dass er nicht auch noch diesen an Martin Fitzwater verloren hat.

 

Derek Lunsford, die Nummer 3 beim Mr. Olympia 2024: Flop
Derek Lunsford beim Mr. Olympia 2024 (Quelle: Stagetimephoto, Instagram)

 

Wesley Vissers

An dieser Stelle könnte theoretisch auch Ramon Dino genannt werden, da dessen 4. Platz ihn sicher auch nicht gerade zufriedenstellen dürfte. Aber Ramon war eben nicht zu 100 % in Form, sein Posing ist nach wie vor mangelhaft und zudem hat er mehr geschwitzt als ich, wenn meine Frau meinen Browserverlauf checkt, sprich: Es hatte einen nachvollziehbaren Grund, warum er nur auf dem vierten Platz gelandet ist.

 

Bei Wesley aber sieht die Sache ganz anders und aus seiner Sicht ungleich ärgerlicher aus. Nachdem er im Frühjahr beide Arnolds gewinnen und dabei Ramon, Urs und Breon hinter sich lassen konnte, war er als einer der Favoriten in den Mr. Olympia gegangen. Und was wurde es am Ende? Der 8. Platz!

 

Und ja, Wesley war nicht ganz in der Form, die er noch bei den Arnolds hatte. Es scheint, als hätte es der Niederländer etwas beim Diäten übertrieben und dabei speziell an den Beinen an Volumen eingebüßt, was aufgrund seiner ohnehin bestehenden Dysbalance zwischen Ober- und Unterkörper natürlich äußerst unvorteilhaft war.

 

Aber Wesley war sicher nicht off, sondern prinzipiell in einer guten Form. Somit bleibt festzuhalten, dass die Judges beim Mr. Olympia einfach nicht wirklich zu schätzen wissen, was Wesley zu bieten hat. Da dies nun bereits mehrfach der Fall war und er sich in Sachen Platzierung im Vergleich zum Vorjahr sogar verschlechtert hat, ist nicht davon auszugehen, dass Wesley in naher Zukunft um den Titel kämpfen wird.

 

Wesley Vissers beim Mr. Olympia 2024: Flop
Wesley Vissers beim Mr. Olympia 2024 (Quelle: Bodybuilderswithoutborders, Instagram)

 

Der Stream

Zum Abschluss noch mal etwas zum offiziellen Stream. Vorbildlich wie ich bin, habe ich mir natürlich den offiziellen Stream des Mr. Olympia gegönnt, schließlich will ich das Event ja auch unterstützen und zudem höchste Bildqualität. Und bei Letzterem gab es auch nichts zu meckern, das Bild war meist sehr klar und scharf. Also zumindest glaube ich das, denn am Freitag war der Stream so dunkel, dass die Schlacht um Winterfell im Vergleich dazu geradezu überbelichtet war. Das war besonders ärgerlich, da speziell vom neuen Mr. Olympia Samson Dauda aufgrund seines dunklen Hauttons teilweise nur die Augen und Zähne zu erkennen waren. Als Nutzer des Streams musste man also erst mal auf Instagram-Bilder und Handyvideos warten, um überhaupt bewerten zu können, ob Samsons Sieg gerechtfertigt war oder nicht. Aber hey, das Ding hat ja auch nur 70 Ocken gekostet, was kann man da schon erwarten?!

 

Fairerweise muss man sagen, dass dieses Problem am Samstag wohl gelöst war, jedenfalls war der Stream da wesentlich heller und man hat tatsächlich was erkannt. Aber das hätte man mit Sicherheit auch schon früher hinkriegen können. Mein Vorschlag wäre, die gesamte Bildtechnik nächstes Jahr gleich in die Hände von Gilco Productions zu legen, der ohnehin die mit Abstand besten Videos der Szene produziert.

 

Schwarzes Bild beim Livestream vom Mr. Olympia 2024.
Screenshot des Streams vom Freitag

 

Aber jetzt genug von uns. Wie hat dir der Mr. Olympia 2024 gefallen? Was waren deine persönlichen Highlights? Was hat dir weniger gefallen? Verrate es uns gern im Forum!

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