Hybrid-Training vs. Crossfit
ein Studienreview

von Ulrike Hacker

Spätestens mit dem Hype der Wettkampfserie Hyrox ist Hybrid-Training in aller Munde. Die Aufhebung der jahrzehntealten Trennung von Kraft- und Ausdauertraining birgt ihren Befürwortern zufolge zahlreiche Vorteile: Hybrid-Training ist zeiteffizient, fördert „echte“ Fitness und Athletik und macht noch dazu richtig Spaß.

 

Aber wie effektiv ist das Konzept im Hinblick auf Leistungszuwächse? Und wie sieht der perfekte hybride Trainingsplan aus? Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat den Vergleich zum CrossFit gezogen – mit einem erstaunlichen Ergebnis!

 

 

Der Unterschied zwischen Hybrid-Training und CrossFit

Das Modewort Hybrid-Training entbehrt einer eindeutigen Definition. Dass es grob um die Verschmelzung von Kraft- und Ausdauersport geht, sollte sich jedoch rumgesprochen haben. Insofern ist es wohl legitim, CrossFit als eine Variante des Hybrid-Trainings zu bezeichnen, schließlich soll auch hier der ganzheitliche Athlet, der stark, ausdauernd und mit einem vielseitigen Skillset ausgerüstet ist, geschaffen werden.

 

Die wesentlichen Unterschiede zwischen Hybrid-Training und CrossFit:

  • Während Hybrid-Training ein – wie bereits geschrieben – undefinierter Begriff ist, ist CrossFit ein geschützter Markenname und die dahinterstehende Konzeption ist durch Trainer-, Veranstaltungs- und Studiolizenzen geschützt.
  • CrossFit ist in seinem Ursprung ein Wettkampfsport, bei dem es um die Objektivierung und ständige Messung von Fitness nach standardisierten Parametern geht. Hybrid-Training auf der anderen Seite ist eher eine Philosophie, bei der das Training einen gewissen Selbstzweck erfüllt.
  • CrossFit beinhaltet zu großen Teilen die Arbeit an komplexen Skills, insbesondere aus dem Bereich des Turnens, die im Hybrid-Training nicht (oder zumindest nicht zwingend) vorgesehen sind.

 

Hybrid-Training vs. CrossFit: Das Studiendesign

Die hier betrachtete Studie wurde von der populärwissenschaftlichen Plattform WOD Science durchgeführt und publiziert. Dabei wurde folgendes Studiendesign angewendet:

 

Teilnehmer

Rekrutiert wurden 141 CrossFitter beider Geschlechter. Dabei handelte es sich um erwachsene, gut trainierte Athleten mit einer durchschnittlichen CrossFit-Erfahrung von 6 Jahren. Diese wurden nach dem Zufallsprinzip auf zwei Versuchsgruppen aufgeteilt. Es bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Leistungsvermögen der Teilnehmer, hier hingehend war also keine Verzerrung der Ergebnisse zu befürchten.

 

Zeitraum

Der Trainingszeitraum erstreckte sich über 8 Wochen.

 

Trainingsplan Gruppe A (CrossFit)

Die Versuchsgruppe A absolvierte viermal pro Woche ein klassisches CrossFit-Training mit dem Ablauf: Warm-up ➔ Kraft- oder Skilltraining ➔ WOD.

 

Trainingsplan Gruppe B (Hybrid-Training)

Die Versuchsgruppe B wechselte wöchentlich zwischen vier Krafttrainingseinheiten und 4 WODs, also hoch intensiven Workouts mit Kraft- und Ausdauerelementen in Kombination. Die Teilnehmer absolvierten somit im Studienzeitraum vier reine Kraft- und vier reine WOD-Wochen.

 

Zu betonen ist, dass das Trainingsvolumen und die Übungsauswahl für beide Gruppen identisch gestaltet wurde.

 

Die Tests

Sowohl vor als auch nach dem achtwöchigen Zyklus wurden standardisierte Tests mit allen Teilnehmern durchgeführt. Bei den Testungen handelte es sich um die folgenden:

  • „CrossFit Total“: Ein Maximalkrafttest in der Kniebeuge, im Schulterdrücken und im Kreuzheben. Alle Übungen müssen innerhalb von 20 Minuten getestet werden.
  • „Fran“: Fran ist ein sogenanntes Benchmark-Workout, das im CrossFit sehr populär ist. Es handelt sich dabei um 21 ➔ 15 ➔ 9 Wiederholungen von Thrustern (eine Frontkniebeuge kombiniert mit einer Schulterpresse) und Klimmzügen. Die Männer verwenden ein Langhantelgewicht von 40 kg, Frauen 30 kg. Eine Fran-Time unter 2 Minuten gilt in der Szene als Ritterschlag.
  • Maximalkrafttest: Clean & Jerk
  • Maximale Wiederholungen: Kniebeuge mit dem eigenen Körpergewicht
  • 2 Kilometer auf dem Ruderergometer

 

Das (überraschende) Ergebnis: Hybrid-Training schlägt CrossFit

Von den ursprünglich 141 Teilnehmern absolvierten am Ende nur 38 (davon 26 männliche, 12 weibliche) den Abschlusstest. Worauf diese niedrige Quote zurückzuführen ist, wurde von den Studienmachern nicht erläutert. Das erstaunliche Ergebnis: Alle Studienteilnehmer hatten sich in allen Tests verbessert, die Hybrid-Trainingsgruppe B jedoch in z. T. deutlich höherem Maße!

 

Insbesondere bei der maximalen Wiederholungsanzahl im Backsquat (Verbesserung um 19 % (!) stärker als bei der CrossFit-Gruppe) und im 1RM Clean & Jerk (3 % stärkere Verbesserung) schnitt das Hybrid-Training Protokoll deutlich besser ab. Insgesamt lag die Leistungssteigerung der hybrid Trainierenden über den Durchschnitt aller Fitnesstests um 4,9 % über der der Gruppe A, die das traditionelle CrossFit-Training durchgeführt hatte.

 

Die Schwächen der Studie

Wie bei jeder Studie sind auch im betrachteten Experiment einige Schwächen in Design und Umsetzung auszumachen:

  • Die Anzahl der schlussendlich analysefähigen Teilnehmer ist mit 38 sehr niedrig.
  • Die Trainingsdauer von 8 Wochen ist insbesondere vor dem Hintergrund des fortgeschrittenen Leistungsniveaus der Athleten sehr kurz, vor allem hinsichtlich der Verbesserung von Kraftleistungen.
  • Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer lag bei 35 Jahren und damit für die hier untersuchten Sportarten recht hoch.
  • Der Test enthält keine längere Ausdauerbelastung (auch der 2-Kilometer-Rudertest ist durchschnittlich in unter 10 Minuten absolviert).
  • Einem Studienteilnehmer zufolge fand der Pre-Test unter klimatisch gänzlich anderen Bedingungen statt als der Post-Test.
  • Die Daten wurden von den Teilnehmern selbstständig übermittelt und unterliegen daher der Gefahr der Beschönigung.
  • Es erfolgte keine geschlechterabhängige Analyse. Diese wäre aber angesichts der bestehenden Unterschiede zwischen der männlichen und weiblichen Physiologie und der daraus hervorgehenden Reaktion auf Trainingsreize interessant gewesen.

 

Implikationen für dein Training

Dass sich das heute in den meisten CrossFit-Boxen angebotene Schema aus Kraftpart und direkt folgendem WOD so etablieren konnte, hat wohl eher kommerzielle Gründe. Schließlich wird so der (gut) zahlenden Kundschaft suggeriert, in nur 60 Minuten mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Die ursprüngliche Konzeption des Sports sah allerdings eine viel striktere Trennung von Kraft- und Konditionstraining vor, was sich auch heute noch in den auf crossfit.com geposteten Workouts widerspiegelt.

 

Nun ist der durchschnittliche Leser auf dieser Plattform wahrscheinlich ohnehin kein passionierter CrossFitter. Der Anteil derer, die sich im weitesten Sinne für Hybrid-Training interessieren oder zumindest auch regelmäßiges Ausdauertraining neben dem Krafttraining für wichtig erachten, dürfte allerdings hoch sein. Für diese Sportler bietet die vorgestellte Studie Anhaltspunkte für eine Gestaltung des Trainings ohne den gefürchteten „Interference-Effect“, bei dem Cardio den Kraft- und Muskelaufbau auffrisst und umgekehrt.

 

Offensichtlich wird: HIIT direkt nach einem schweren Krafttraining scheint kontraproduktiv. Das im Experiment angewandte Schema aus kompletten Wochen, die sich nur einer Modalität widmen, kann als doch recht ungewöhnlich bezeichnet werden. Die Ergebnisse legen zwar nahe, dass die Herangehensweise einen Versuch wert sein könnte, allerdings entfällt hierdurch wieder weitgehend die Abwechslung, die ja einen der zentralen Vorteile des Hybrid-Trainings darstellt. Und welcher wirklich passionierte Kraftsportler würde schon eine ganze Woche auf das Eisen verzichten wollen?

 

Anderen Veröffentlichungen zufolge, z. B. nach der „Rugby-Study“ von 2016, ist schon eine 24- oder auch nur 6-stündige Pause zwischen Kraft- und Kondition gegenüber der Vermischung in einer Einheit vorteilhaft und verbessert sowohl Kraft- als auch Ausdauerparameter wie die VO2-Max.

Zwei Sportler liegen erschöpft am Boden, nachdem sie zuerst ein Krafttraining und dann direkt danach noch ein CrossFit-Training absolviert haben statt ihr Hybrid-Training aufzuteilen.
Ein WOD direkt nach dem Krafttraining absolvieren? Wahrscheinlich nicht das Optimum…

 

Fazit

Wer sich für Hybrid-Training interessiert und sowohl Kraftleistungen als auch Ausdauer und allgemeine Fitness verbessern will, sollte sich dennoch um eine Aufsplittung der Trainingsstile bemühen. Der in der von WOD Science initiierten Studie vorgeschlagene Ansatz, ganze Wochen nur einer Belastungsart zu widmen, erscheint auf den ersten Blick vielversprechend. Das Format ist jedoch ansonsten noch nicht erforscht und Rückschlüsse sind angesichts der Limitationen der Studie (insbesondere die geringe Teilnehmerzahl) mit großer Vorsicht zu genießen.

 

Aber was denkst du? Hättest du die Ergebnisse der Studie von WOD Science so erwartet oder haben sie dich überrascht? Und wie gestaltest du dein Hybrid-Training? Verrate es uns gern im Forum!

 

Quelle:

  1. WOD Science (2024): 2x your CrossFit® performance with this new training method
Warenkorb
Nach oben scrollen